Weckruf für den Riesen
Es ist kein Flug des Phönix aus der Asche, aber die Handelsvolumina der Länder des lateinamerikanischen Kontinents haben wieder angezogen. Das maritime Beratungsunternehmen Dynamar hat die aktuellen Trends zusammengestellt.
Über einen gewissen Zeitraum schienen angesichts fallender Handelsvolumina auch die grossen Carrier und Logistiker das Interesse am lateinamerikanischen Raum weitgehend verloren zu haben. Zwischen 2013 und 2017 schrumpfte der südamerikanische Warenhandel um 20% bzw. 222 Mrd. USD auf unter einer Billion USD (897 Mrd. USD). Der Tiefpunkt wurde im Jahr 2015 erreicht, als der Wert der gehandelten Güter um drama- tische 19% abnahm. Durchschnittlich nahmen die Volumina in diesem Zeitraum um 5% p.a. ab.
Schon im letzten Jahr hat sich mit zusätzlichen Dislozierungen u.a. von CMA CGM, Evergreen, Maersk und MSC aber der Wind gedreht. Das niederländische Beratungsunternehmen für die Hochseeschifffahrt, Dynamar in Alkmaar, hatte diese Trendwende ermittelt. Der Containerumschlag in mehr als fünfzig südamerikanischen Häfen erreichte im Jahr 2017 22 Mio. TEU. Dies entspricht einem gesunden Wachstum von 6,4% gegenüber dem Vorjahr. Im internationalen Segment belief sich der Umschlag 2017 auf über 10 Mio. TEU. Dies bedeutete sogar ein Plus von 8% gegenüber 2016 – und beendete die dreijährige Stagnation.
Mit frischer Kraft
Der lateinamerikanische Raum hat an alte Stärken angeknüpft. Allein auf Südamerika entfallen 16% der weltweiten Exporte verderblicher Güter, wobei sich Schwerpunkte wie Fleisch von der Ostküste und insbesondere Obst von der Westküste erhalten haben. Die Exporte bleiben auch im Aufschwung in gleicher Weise landwirtschaftlich geprägt. Importe umfassen dagegen Verbrauchsgüter, da der private Konsum die Ursache für den Wiederaufstieg der Region darstellt, daneben Ausrüstungen und Maschinen verschiedener Art sowie Erdöl in jeglicher Form.
Im vergangenen Jahr wurden in Lateinamerika verderbliche Güter für den Export mit einem Gesamtvolumen von über 25 Mio. t erzeugt. Obst setzte sich mit 14,6 Mio. t an die Spitze der Liste, die Mengen lagen doppelt so hoch wie beim Fleisch. An Fischereierzeugnissen kamen Volumina von 1 Mio. t hinzu.
Perspektive von Carriern und Terminals
Nach dem jüngsten Bericht von Dynamar bieten derzeit 23 Carrier mit 47 Containerliniendiensten direkte Verbindungen nach Südamerika an, die eingesetzte Flotte von ca. 340 Schiffen weist eine durchschnittliche Kapazität von 6500 TEU pro Schiff auf. Die meisten Verkehre bestehen mit Asien, von wo aus der grössere Teil der Importe stammt, gefolgt von Europa und Nordamerika. Unter den Häfen der Westküste weist Callao in Peru die grösste jährliche Handelskapazität auf. Es ist keine Überraschung, dass das brasilianische Santos wiederum die führende Anlaufstelle an der Ostküste ist.
Die internationalen Terminalbetreiber machen sich hingegen Sorgen. Neben APM Terminals, die an jeweils sechs Standorten beteiligt sind, sehen weitere Betreiber wie DP World, ICTSI und TIL (MSC) Wolken vor allem an der Ostküste am Horizont aufziehen. Im Mittelpunkt stehen Themen wie die Beseitigung von Konzessionen in Brasilien, die mögliche Konsolidierung separater Konzessionen für die Region Buenos Aires im Jahr 2020 und widersprüchliche politische Ankündigungen in mehreren Ländern und. Mindestens drei Terminalbetreiber wollen ihre Präsenz reduzieren, in einigen Fällen vielleicht bis zum vollständigen Rückzug – kein gutes Zeichen für multinationale Aktivitäten in der Region.
Der Ausblick stimmt
Das volle Potenzial ihrer Erholung seit dem Jahr 2013 hat die Region aber bislang noch nicht ausgeschöpft. Zudem werden vom baldigen Beitritt Boliviens zu der seit dem Jahr 2001 bestehenden Freihandelszone Mercosur weitere Impulse erwartet. Dynamar geht in seiner Einschätzung der Lage davon aus, dass der Containerhandel in Südamerika bis zum Jahr 2021 einen Gesamtumfang von 14 Mio. TEU erreichen wird.
