News

  • Foto: Christian Doepgen / Müller-Gysin

Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 45939

«Wir sind keine Sofa-Spedition»

Zur Ausrichtung und den Geschäftsfeldern eines Nischenplayers wie Müller-Gysin in Basel. Wie im Fussball sei in der Spedition gegen finanzstarke Konzerne kein Kraut gewachsen, kann man oft hören. Dass Erfahrung und Spezialisierung dennoch kleine Speditionen auf Spur halten können, belegt das Beispiel Müller-Gysin. Trotz des sehr leisen 90-Jahr-Jubiläums in 2023 setzten sich im Interview mit Geschäftsführer Thomas Baumann viele Faktoren dieses Gesamterfolgs zusammen.


Der klassische Spediteur ist als Spezies seltener geworden. Um so erfreulicher, wenn eine Begegnung im Basler Dreispitz den Einblick in das Tätigkeitsfeld eines erfolgreichen Nischenplayers ermöglicht.

Geschäftsführer Thomas Baumann verweist nicht ohne Stolz darauf, dass die Gründung vor 90 Jahren erfolgte: «Seit 1933 bin ich der vierte Geschäftsführer von Müller-Gysin.» Solidität ist Trumpf.

Die Aktivitäten weisen zwei Besonderheiten auf. Zum einen werden Industrieprodukte weltweit transportiert, wobei Grossbritannien die wichtigste Destination darstellt. Zum anderen hat Müller-Gysin eine jahrzehntelange Expertise im Transport von Oldtimern auf vier, drei oder zwei Rädern aufgebaut.

«Wir bedienen alle Verkehrsträger,» macht Baumann die Bandbreite der Aktivitäten deutlich, und fährt fort: «Unser eigenes Lager im Dreispitz mit 3500 m2 Fläche und offenem Zolllager verschafft uns zusätzliche Vorteile.» Die vertraglichen Eigentumsverhältnisse sorgen dafür, dass dieser Umstand in der entwicklungshungrigen Stadt Basel auch vor Ort so bleiben wird.

Reif für die Insel

Die langjährige Spezialisierung der Firma auf Grossbritannien hat im Zuge des Brexits rentiert. Auf 40 t-Mega-Lkw gehen Hightechwaren z.B. aus der Luftfahrt, Gefahrgut oder Ersatzteile auf die britischen Inseln, im Import kommen z. B. Food, Kosmetika etc. zurück. «Unsere Verkehre sind paarig, denn die Auslastung ist entscheidend», kommentiert Baumann. Das hat auch mit der langjährigen Zusammenarbeit von Müller-Gysin mit Davies Turner in Grossbritannien zu tun.

«Wir können die Extrameile gehen.»

Die im Rahmen des Brexit weggefallenen Volumina, ca. 15%, konnten mit Neugeschäft aufgefangen werden, da sich viele Transporteure zurückgezogen haben. Die Zollformalitäten haben die Touren aber seitdem um einen halben Tag verlängert.

Das zweite Standbein ist ein «white glove service». Für bis zu 20 Events p.a. werden Autos, Motorräder oder Seiten-wagen wie rohe Eier verladen, verzollt und befördert. «Das sind 15 bis 20% unseres Geschäftsvolumens», so Baumann. Der gute Ruf ist bei dieser Klientel entscheidend, wobei u.a. das «Machtspiel der Zollämter» bisweilen eiserne Nerven erfordert.

Das Erfolgsrezept hat viel mit langjähriger Erfahrung zu tun. «Auch grosse Player verlassen sich auf unsere Dienstleistungen», erklärt Baumann. Viele der 26 Mitarbeiter, die die 12 bis 15 000 Sendungen im Jahr abarbeiten, sind seit Jahrzehnten an Bord. Die Identifikation mit dem Unternehmen verdeutlicht u.a. die Tischtennisplatte im Lager. «Wir können die Extrameile gehen», ist sich Baumann seines Teams gewiss.

 

Mehr zum Thema