Renaissance des regionalen Pufferlagers
Ist die Kontraktlogistik ein Gewinner der gestörten Lieferketten?
Die Periode der Anti-Pandemie-Massnahmen hat übersteigerte Ansprüche an 3PL wieder aufs rechte Mass zurechtgerückt.
Die durch Corona entstandenen Brüche in den Lieferketten und damit einhergehenden Verzögerungen versetzen die Kontraktlogistiker nicht in Unruhe. «Lieferverzögerungen in allen Branchen wirken sich auf unser Geschäft durchaus positiv aus», stellt Alexander Piwonka, Direktor für den Bereich Strasse beim österreichischen Logistikunternehmen Ontime Logistics in Bergheim bei Salzburg, gegenüber dem ITJ fest.
Der Trend geht klar in Richtung Aufbau von Pufferlager-Kapazitäten und Verlagerung von Wertschöpfung zurück nach Europa. Das wohl primär, um die Produktionsversorgung sicherzustellen und kurzfristig auftretende Lieferengpässe zu vermeiden. Die Pandemie bewirkt teilweise eine Abkehr von bisher hohen 3PL-Ansprüchen. Im Handel sei es eher wahrscheinlich, dass sich «Regionalität» wieder mehr durchsetzt.
Fast alle Verlader spüren Aufwind
Nach der ersten Schockstarre erstarken die Lieferketten wieder und davon profitiert auch DB Schenker. Die auftretenden Probleme mit der Chip- und Halbleiterversorgung führten zwar zu rückläufigen Umsätzen in der Automobilindustrie, doch entwickeln sich Branchen wie Lebensmittel, Gesundheit,
Hygiene und Hightech weiterhin sehr positiv und sorgten für eine steigende Nachfrage, erklärt Fritz Esser, Sprecher von DB Schenker: «Der dynamisch wachsende E-Commerce trug bei uns wesentlich zum Marktwachstum bei.»
Eine Veränderung beim In- bzw. Outsourcing-Verhalten der verladenden Wirtschaft registriert man bei DB Schenker aktuell nicht. Beim Kunden tief in dessen Wertschöpfungskette integriert zu sein, sei Anspruch eines Kontraktdienstleisters. Für die Märkte der globalen Luft- und Seefracht sowie der globalen Kontraktlogistik rechnet DB Schenker im zweiten Halbjahr 2021 mit einer weiteren Erholung und einem Wachstum deutlich über Vorkrisenniveau. Risiken bestehen jedoch in einem längeren Andauern der Störungen in den internationalen Lieferketten und im nicht abschätzbaren weiteren Verlauf der Corona-Pandemie.
Erhöhte Nachfrage auch bei Loxxess
«Wir erleben durch Corona eine erhöhte Nachfrage nach unseren Dienstleistungen, etwa im Bereich Pharmalogistik oder bei den Dienstleistungen für den Online-Handel», bilanziert Christina Thurner, Vorständin des deutschen Logistikers Loxxess.
Produzenten und Händler haben jetzt die Robustheit ihrer globalen Lieferketten viel stärker im Auge: «Das nehmen wir als wichtiges Signal, dass die Ansprüche an unsere spezialisierten Dienstleistungen komplexer und mehrdimensional werden.» Die Bandbreite und Tiefe der logistischen Aufgaben wird in Zukunft zunehmen, beispielsweise im Pharmasegment. Das bedeutet, dass Unternehmen zum Outsourcing an einen spezialisierten Dienstleister neigen, dem sie mit den heute zur Verfügung stehenden digitalen Tools tief in ihre Prozesse einbinden und eine tiefere Wertschöpfung zur Folge hat.
Die Nachfrage nach professioneller Kontraktlogistik werde weiter steigen, ist Thurner überzeugt. Die globalen Warenströme kehren zu alter Stärke zurück, allerdings müssten sie transparenter werden und im Krisenfall flexibel bleiben. Die gute alte Puffer-Lagerhaltung ist wieder sehr gefragt, etwa bei «systemrelevanten» Gütern und medizinischen Vorsorgeprodukten.