News

  • Lothar Thoma und Clemens Hartig (rechts). (Photo: Christian Doepgen)

Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 39899

Die Stärke der kleinen Deals

Zum Boom der Fusionen und Übernahmen.


Als Gäste des Propeller Clubs, Port of Basel, referierten Lothar Thoma und Clemens Hartig von Gebrüder Weiss über den aktuellen Übernahme-Boom – aus der Praxis.

Das Thema «Merger and Acquisitions» ist gerade in der Logistikbranche weltweit in aller Munde.  Die Periode der anti-pandemischen Massnahmen hat nur einen kurzen Einbruch gebracht. «Der Markt hat die Dynamik wiederaufgenommen», führte Lothar Thoma, Geschäftsführer Air & Sea von Gebrüder Weiss, aus, wo er in Basel vor den Mitgliedern des Propeller Clubs gemeinsam mit dem Assistent der Geschäftsleitung, Clemens Hartig, vortrug.

Deal ist nicht gleich Deal

Die derzeitige Hausse hat allerdings nicht nur mit dem gesteigerten Interesse von Finanzinvestoren an der Logistikbranche in einem Umfeld niedriger Zinsen zu tun, sondern ist auch hausgemacht. «Die massiven Gewinne der Carrier wollen reinvestiert sein», führte Hartig aus.

Je nach strategischem Ansatz weiten gerade die Reedereien ihren Aktionsradius vertikal aus, u.a. wie Maersk mit der Übernahme von Speditionen, oder sie setzen auf komplementäre Dienstleistungen, wie es u.a. CMA CGM derzeit mit dem Aufbau einer eigenen Transportflotte in der Luft demonstriert. Ob dieses Geld auch langfristig nutzbringend investiert wurde, wird die weitere Marktentwicklung weisen.

Dennoch ist es weniger die Zahl als das Volumen der grossen Übernahmen, die die Statistik in die Höhe treiben. «Es gab im Jahr 2021 aussergewöhnlich viele grosse Deals», erläuterte Thoma. Spannend ist dennoch gerade der Blick auf die Mittelständler, bei denen sich die Frage von Verkauf bzw. Übernahme in häufig ganz anderer Form stellt.

Ob es wie bei Jöbstl in der Steiermark im Rahmen einer Nachfolge zu einer Neuorientierung kam; wie im Fall der Speditionen BAS oder Luible die Raben Group ihre Deutschlandverkehre stärken wollte,; ein Player wie Rhenus mit der Übernahme von Loxx sein Netzwerk Richtung Osteuropa arrondierte oder Gebrüder Weiss wiederum mit Rhenus’ Tochterfirma seine Marktposition in Bulgarien festigte – ebenso individuell wie die jeweilige Ausgangslage sind auch die Märkte und Geschäftsmodelle der übernommenen Firmen, die es zu bewahren gilt.

Besondere Hürden und beidseitige Erwartungen

Dass gerade in diesen Zeiten die Preiserwartungen einen Höhepunkt erreicht haben, ist für Hartig nicht die einzige Hürde vor einem Deal: «Märkte normalisieren sich, Margen sinken und die Mitarbeiter-Fluktuation wächst.»

Dennoch kann selbst unter den Bedingungen einer Pandemie ein Deal funktionieren, wie bei der Übernahme des Air & Sea-Geschäfts von Ipsen in Bremen durch Gebrüder Weiss. «Die Due Diligence wurde 2020 teilweise online durchgeführt», erinnert sich Thoma. Der Knackpunkt bleibt aber auch bei einer Einigung immer die Umsetzung, wie Thoma sagte: «80% der M&A erfüllen nicht die gesetzten Ziele.»

Ein Besuch aller Standorte mit der Ansprache aller Mitarbeiter ist ein klassischer Einstieg. Wichtig bleibt jedoch, im Nachgang eingegangene Versprechen zu erfüllen, was z.B. bei einer IT-Migration im Umfeld von Pandemie-Massnahmen eine Herausforderung werden kann. Schliesslich sind besonders die Führungskräfte gefordert. Thoma: «Die neue Kultur muss auch auf der Mitarbeiter-Ebene ankommen». Die Botschaft kam in Basel an, die Diskussion fiel lebhaft aus.

 

Mehr zum Thema