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  • S. Völkle, D. Rüegger, A. Fradinger. (von links; Foto: Unilogistics)

Von: Thomas Rüegger


Artikel Nummer: 40880

Nachfolge praktisch gelebt

Wie Unilogistics die Zukunft des Familienunternehmens sicherstellt.


Der vielleicht schwerste Moment im Leben jedes Unternehmers ist die Entscheidung zur Zukunft: Wie bestelle ich mein Haus? In einer ungewöhnlich persönlichen Stellungnahme hat Thomas Rüegger zusammen mit Familie und Team einen Pflock eingeschlagen. Neben seinem Leitfaden zum praktischen Ablauf hat sich seine Nachfolgerin Deborah Rüegger Fragen zur Person und zur Zukunft gestellt.

Einige Fragen musste ich mir als Unternehmer in der ersten Phase stellen: Sind fähige Nachkommen für eine familieninterne Nachfolgelösung vorhanden und möchte die Tochter auch wirklich übernehmen? Ist Deborah gewillt und in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen? Macht eine unternehmensinterne Lösung oder gar ein externer Verkauf mehr Sinn?

Um das herauszufinden, waren verschiedene Abklärungen notwendig. Deborah zeigte sich einverstanden, nach einem einjährigen Sprachaufenthalt in Kanada am 1. Februar 2017 in die Firma zurückzukehren. Innerhalb der eigenen Familie wurde das Thema «Nachfolge Thomas Rüegger» damit früh aktiv thematisiert. Wir fanden schnell heraus, dass sich Deborah als Nachkomme für die Aufgabe des CEO aufdrängt. Dadurch dass drei Nachkommen vorhanden sind, wurden alle Befindlichkeiten auf den Tisch gebracht. Diskrete Gespräche mit allenfalls geeigneten Mitarbeitenden machten Sinn, wurden aber schnell wieder beendet. Der Übergeber war sich in dieser Phase selbst klar, welche Lösung für ihn persönlich im Vordergrund stand. Terminiert war auch, wann alle offenen, vielleicht auch bisher unausgesprochenen Fragen geklärt werden sollten, nämlich nach den Abschlussprüfungen meiner Tochter Deborah am 1. Oktober 2022.

Diskretion gegen aussen mussten wir nie wahren. Schon in der ersten Phase konnten und wollten wir informieren. Gerade gegenüber Belegschaft, Kunden und Lieferanten macht es sonst Sinn, erst nach Abschluss einer Nachfolgelösung zu kommunizieren, um damit Unruhen sowie Unsicherheiten vorzubeugen. Wer zu früh zu viel kommuniziert, kann danach nicht mehr zurück und trägt allenfalls irreparable Schäden für das Unternehmen davon. Für uns war das nie ein Thema. Deborah und ich hatten zwar immer verschiedene Auffassungen aber es waren nie Gräben, die nicht zugeschüttet werden konnten.

Welche Optionen sind denkbar?

Nach der Prüfung machen wir eine Situationsanalyse, um in diesem Prozessschritt für Klarheit und Übersicht zu sorgen. Eine saubere Auslegeordnung der Themenfelder sowie eine neutrale Aussensicht sind hilfreich, um diesen Prozess innert zwei Jahren ab dem 1. Januar 2022 aufzuteilen und abzuschliessen.

Die Ausgangslage: Jede Nachfolgesituation ist anders und einzigartig. Laut der «Nachfolge-Studie KMU Schweiz 2018» von Bisnode D & B kann der Prozess je nach Nachfolgeoption zwischen 1,6 bis 6,6 Jahren dauern.

1. Management Buy In (MBI) : ø 1,6 Jahre
2. Mgnt Buy Out (MBO): ø 3,3 Jahre
3. Family Buy Out (FBO): ø 6,6 Jahre

Wir fanden unsere Option. Den zeitlichen Rahmen müssen wir mit den effektiven Gegebenheiten abstimmen. Eine frühzeitige Auseinandersetzung machte daher Sinn – sie fand Ende 2021 statt.

Vorbereitungsphase und Nachfolger

Die wichtigsten Fragen – wie die Führungs- und Eigentumsnachfolge gestalten, welche Vorstellungen haben Familie und Team, wie sieht es mit Vorsorge und Sicherheit, Steuern und Recht aus – habe ich mir im Vorfeld gestellt. Eigene Gewährleistungspflichten gegenüber der Nachfolgerin und Unterstützung bei der Finanzierung sind dabei ein Teil.

Bei unserer familienunternehmensinternen Nachfolge wurde bereits in der ersten Phase die effektive Machbarkeit des Übergabewunsches überprüft. Auch ohne M & A Berater hatten wir mit Deborah menschlich, fachlich und persönlich eine geeignete Nachfolgerin gefunden. Sie kann auch über notwendigen finanziellen Mittel extern oder in der Familie verfügen. So brauchte es keine langen Verhandlungsrunden, keine übliche «Due Diligence» der Gesellschaft.

Trotzdem war Deborahs Bekenntnis für die Kontinuität im Unternehmen entscheidend. Die persönliche wie die finanzielle Ebene war auszuloten.

Integration und Umsetzung vom 1. September bis 31. Dezember 2023

Im Sommer 2024 ist ein Büroumbau des «Aquariums» geplant. Spiegelfertig soll der gleiche Arbeitsplatz wie der vorhandene nochmals entstehen. Der Platz für Meetings wird mitten im Grossraumbüro aufgebaut. Auch weil sich hybride Arbeitsformen etablieren, wird in Zukunft der Fokus der Tätigkeiten im Hauptbüro aus Kommunikation, Wissensaustausch und aus kreativen und innovativen Prozessen oder aus Interaktion zur Kulturentwicklung bestehen. Das zieht eine Anpassung der Arbeitswelten im Hauptbüro in Richtung «Marktplatz», «Communication Court» oder «Innovation Space» nach. Einzel- und Projektarbeit kann an anderen Orten erfolgen.

Mit Andi Fradinger haben wir einen neuen Übergangsmann für Deborah gefunden. Er ist mein alter Europaleiter und macht seinen Job seit Mai 2021 überragend. Im März 2022 kehrten zudem Jennifer Rüegger aus dem Mutterschaftsurlaub und Xenia Montanaro-Taschner, nach einem Unterbruch bei Fiege Air & Ocean, wieder zu uns zurück. An Lehrlingen, die wir aus unserem eigenen Umfeld in Zukunft selbst rekrutieren, soll langfristig einer pro Jahr fertig werden.

In der Praxis fallen die Vertragsunterzeichnung und der Vertragsvollzug nicht zwingend auf dasselbe Datum. Um den Vollzug frei von Komplikationen zu gestalten, sollten beide Vertragsparteien eine proaktive Kommunikation mit den Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten pflegen. Eigentümerwechsel sind immer mit Unsicherheiten verbunden, aber viele Fragen wurden bereits ausgeräumt, bevor sie entstehen konnten.

Fliessende Übergabe vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2024

Für die Nachfolgerin beginnt nach der Integration und Einarbeitungszeit das selbständige Führen. Bei unserer familieninternen Nachfolgelösung will ich als abtretender Unternehmer eine gute Mischung zwischen aktiver fachlicher Unterstützung und schneller Abgabe von Verantwortung finden. Das erleichtert Deborah die Übernahme sowohl auf fachlicher Ebene als auch hinsichtlich des Betriebsklimas. Weil sich sie Menschen mit Veränderungen schwertun, ist es wichtig, Veränderungsprozesse in der Übergabephase aktiv zu begleiten. Bei uns werden diese äusserst positiv aufgenommen und willkommen geheissen.

Wichtig für die Stabübergabe ist mit Andreas Fradinger ein Begleiter alter Schule für das Tagesgeschäft. In den  Posten Verkauf und Marketing wurde Stephanie Völkle sorgfältig und ohne Hast eingeführt. Die bestehenden Kunden sind alle persönlich informiert.

Als modernes Familienunternehmen stellen wir uns neu auf. Hochmotiviert und mit viel Freude setzen Deborah, das ganze Team und ich mich für die Interessen unserer Kunden ein und legen grossen Wert auf ein menschliches Miteinander. Dazu gehört Vertrauen, Loyalität, Respekt, Fairness und Verlässlichkeit. Wir stehen für eine klare und verständliche Sprache und beglaubigen diese Absicht mit unseren guten Namen.





Ein Interview mit Deborah Rüegger


Was interessiert Sie am Job des CEO?

Der Spass an der Arbeit verbunden mit Teamgeist, Reisen, Erfolg, Erfahrungen, und zu zeigen, was ich wirklich kann, um mich auch in der heutigen Zeit und einem weltweit schwierigen Wirtschaftsumfeld zu bewähren. Ich wollte schon als kleines Mädchen Chef werden, auch jetzt noch. Auch wenn ich und mein Vater nicht immer der gleichen Auffassung sind. Ich habe die klassische KV-Berufslehre auf der Spedition absolviert, einen einjährigen Sprachaufenthalt in Kanada abgeschlossen und danach zwei Fach-Weiterbildungen im Bereich Zoll belegt. Jetzt studiere ich an der HSO Wirtschafts- und Informatikschule Betriebswirtschafterin HF und werde im Oktober 2022 hoffentlich erfolgreich abschliessen.


Wie sind Sie mit einem anspruchsvollen Konflikt umgegangen?

Ich hatte bis jetzt noch keinen anspruchsvollen Konflikt, welchen ich alleine bewältigen musste. Konflikte gibt es immer wieder, aber es ist wichtig zu sehen, dass man nicht alleine zur Lösung finden muss, sondern gemeinsam mit beispielsweiser einer Task Force den optimalen Lösungsweg finden kann.


Was tun Sie bei einem persönlichen Problem mit jemandem in Ihrem Team?

Jeder kann sagen, dass er gut im Team arbeitet oder jede Gruppe von Menschen zum Erfolg führen kann. Das Wichtigste ist jedoch, bei einem persönlichen Problem möglichst sachlich zu bleiben. Nicht nur die Lösung des Problems ist wichtig, sondern auch seine Ursache. So würde ich mit der Person das Gespräch suchen und meine Bedenken äussern. Fragen zu Analyse- und Problemlösungsfähigkeiten sind zentraler Bestandteil meiner Funktion. Ich erwarte viele Fragen meiner Mitarbeitenden. Es sind menschliche und arbeitsbezogene Szenarien, die ich zu visualisieren und zu lösen habe. Das ist das Salz im Leben und macht die Verantwortung umso spannender und faszinierender.


Sind Sie ein analytischer Denker?

Ja, ich denke gründlich darüber nach, wie ich recherchiere und relevante Fakten sammle. Weiter überlege ich, ob ich vom Wissen oder der Erfahrung Anderer lernen kann, und überlege, welche Ressourcen ich benötige.
Die besten Problemlöser können an wichtige Details heran kommen und das Wesentliche herausholen, aber auch herauszoomen und das Gesamtbild sehen, und wo alles hineinpasst. Natürlich muss das alles speditiv erledigt werden.


Was sind Ihre Stärken?

Über meine Stärken zu sprechen fühlt sich fast etwas unangenehm an. Stark sind zum Beispiel meine ansteckende Fröhlichkeit, Offenheit, Überzeugungsfähigkeit und Ehrlichkeit, sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei den Kunden und Agenturen. Ich bin jeden Tag selbstkritisch und versuche so, meine Stärken neu einzuschätzen. Das motiviert mich täglich, noch besser zu werden. Oder fordern Sie mich auf, mich etwa gross darzustellen?


Nein, natürlich nicht, aber dann will ich wissen: Was sind Ihre Schwächen?

Ich sage nur so viel, dass ich an meinen Schwächen täglich arbeite. Meine tatsächlichen geheimen Schwächen verwende ich als Sprungbrett. Niemand ist perfekt. Damit ich gar nicht erst in einen zu gemütlichen Rhythmus falle, schloss ich mich vor über 15 Jahren mehreren Sportmannschaften und Gruppen an, traf viele Menschen, wurde dadurch automatisch sehr kontaktfreudig und pflege Bekanntschaften sehr.


 

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