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  • Viel getan, damit die Ketten nicht reissen.

Von: Josef Müller


Artikel Nummer: 34176

Lieferkette im Stresstest

Bei langen Transportketten z.B. aus China braucht es im Hintergrund flexible Back-up-Systeme für unvorhersehbaren Unterbrechungen. Wie es die Industrie in Österreich regelt, konnte Josef Müller im Gespräch mit Logistikverantwortlichen eruieren.




Akribische Planung, lückenlose Kommunikation über die verschiedenen Verkehrsträger hinweg, flexible Back-up-Lösungen im Hintergrund für den Notfall und die Besinnung auf das gute alte Pufferlager sind die Elemente, um logistisch einigermassen durch die Corona-Zeiten zu kommen. Resilienz ist das geflügelte Wort in Pandemie-Zeiten. Das ITJ hat bei drei Verladern, namhaften österreichischen Industrieunternehmen, zum Thema stabile Supply Chains recherchiert.

 


Neue und bewährte Lösungen
«Bis jetzt hatten wir wegen der Corona-Restriktionen keine Behinderungen in unseren Lieferketten», betont Michael Kiel, Konzernbereichsleiter im österreichischen Evva-Konzern. Evva steht für «Erfindungs-Versuchs-Auswertungs-Anstalt» und produziert mit 750 Mitarbeitern im Stammsitz in Wien und zehn europaweiten Niederlassungen intelligente Schliessanlagen. Für die Produktion braucht es Komponenten u. a. auch aus China. Auf dem Weg nach Wien erwiesen sich die Supply Chains bisher als resilient.


Kiel erklärt, wie das möglich ist: «Wir betreiben ein ausgeklügeltes Risiko- management, haben nach Ausbruch von Corona besonders kritische Materialien für die Produktion definiert und umgehend unsere Lagerbestände an unseren drei Produktionsstandorten in Wien sowie in Deutschland und Tschechien erhöht».


Das kann bei China-Importen beispielsweise bedeuten, dass von See- oder Landfracht von der einen auf die andere Stunde auf Luftfracht umgestellt wird. Bei Evva setzt man auf den Produktions-standort Europa: Die Wiener Niederlassung mit ihrer über 100-jährigen Firmenhistorie wird bis 2023 für 23 Mio. EUR erweitert. Die Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer kommt nicht in Frage.


Kiel ortet in Industriekreisen einen Trend zur Rückverlagerung von Produktionsprozessen aus Übersee nach Österreich bzw. Europa. Kürzere Transport- wege machen Transportketten überschaubarer und leichter steuerbar – eine der Erkenntnisse in Pandemie-Zeiten.


Das Unternehmen der Baustoffindustrie Knauf im steirischen Weissenbach b. Liezen hat trotz Corona seine Logistikkette lückenlos aufrecht erhalten können, «da wir frühzeitig Deckungskäufe durchgeführt und Lagerbestände nach oben gesetzt haben», zeigt sich Herbert Moser, Leiter Logistik gegenüber dem ITJ stolz.


Das Pufferlager erlebt eine Renaissance. Bei Just-in-time- und Just-in-sequence-Lieferanforderungen, wie sie in Vor-Corona-Zeiten Usus waren, runzeln Logistiker in Industrieunternehmenheute eher verwundert die Stirn. Knauf produziert u.a. Trockenbau- und Wärmedämm-Verbundsysteme, betreibt weltweit 250 Standorte mit 35 000 Mitarbeitern – und macht Logistikplanung im eigenen Haus. Das erweise sich in Krisen durch rasche Reaktionszeiten als wertvoll, so Moser.


Abgesehen von den Grenzschliessungen und dem kurzfristigen Lockdown im März dieses Jahres «hatten wir in unseren Logistikprozessen keine nennenswerten Unterbrechungen», sagt Constantin Beelitz, Präsident Europa, CEE-Staaten und Türkei bei RHI Magnesita. Dank starker Partnerschaften mit Logistik-Dienstleistern sowie klarer, gezielter und kontinuierlicher Kommunikation sei es möglich, die Logistik auch in diesen herausfordernden Zeiten aufrecht zu erhalten. Soll heis-sen: Mit den «normalen» Logistikketten hinterlegte Back-up-Lösungen und Pufferlager lassen sich Störungen über einige Zeit auffangen.   

 

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