Raten kleben an der Decke
Die Rekord-Raten im Spot-Markt sind für Drewry nur der Anfang. Die Konzentration der Reedereien, die Allianzen und das Kapazitätsmanagement läuten eine neue Ära ein.
Nein, die aktuelle Entwicklung ist nicht der seit inzwischen vielen Jahren erhoffte Boom der Frachtraten zur See, unterstrich die maritime Beratungsgesellschaft Drewry. Nach Meinung der Experten in London zeichnet sich vielmehr der Endpunkt einer 15-jährigen Entwicklung in der Hochseeschifffahrt ab, der in eine neue Ära münden wird.
Spotraten zeigen die Richtung auf
Die Frachtraten für Spotcontainer Richtung Fernost haben seit Beginn der Pandemie einen schwindelerregenden Aufstieg erlebt. Historische Höchststände wurden um bis zu 40% übertroffen. Drewry misst die Entwicklung an seinem eigenen Benchmark für Spot-Frachtraten zwischen Hongkong und Los Angeles. Dieser Spot-Rate-Index lag zuletzt auf einem 15 Jahres-Hoch bei 4081 USD pro Feu. Die bisherige Rekordmarke aus dem Jahr 2012 hatte 2880 USD nicht überschritten – und wurde bereits vor Wochen pulverisiert.
Der Spotmarkt ist nur ein Indikator für die neuen Zeiten, die auf diesem Markt zu erwarten sind, zeigte sich Drewry in einem Kommentar überzeugt. «Wir glauben, dass das, was wir derzeit erleben, über die herkömmliche Dynamik von Angebot und Nachfrage in diesem Markt hinausgeht.» Verschiedene Faktoren bewirken eine grundsätzliche Neuausrichtung.
Die Fusions- und Übernahmewelle unter den Reedereien im Laufe des vergangenen Jahrzehnts ist die erste Voraussetzung, die Organisation in Allianzen die zweite. Nunmehr verändert der taktische Gebrauch von Tonnage den Markt fundamental. In den Augen der Analysten stellt «die höhere Konzentration in der Seeschifffahrtsbranche in Verbindung mit einer streng gemanagten Kapazitätsdisziplin unter den Carriern» die Seeschifffahrt auf eine neue Grundlage – und zwar eine, die von Dauer sein wird. Verlader und Spediteure sollten sich also auf dauerhaft höhere Preis im Jahr 2021 einstellen.
Das Oligopol der Reedereien ist aber nicht unantastbar. Kartellbehörden könnten eingreifen. «Die Aufsichtsbehörden in China und den USA beobachten den Markt bereits genau», so Drewry.