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  • Hainan Airlines ist das Aushängeschild der privaten HNA Group.

Von: Armin F. Schwolgin


Artikel Nummer: 29984

Nicht alle heben ab

Die chinesischen Auslandsinvestitionen haben im letzten Jahrzehnt zunächst sehr stark angezogen. Ziel der Akquisitionen waren neben Technikunternehmen auch Häfen, Flughäfen und Fluggesellschaften. Seit zwei Jahren ist die Entwicklung allerdings insgesamt rückläufig. Woran das liegt und ob der Trend anhält, untersucht ITJ-Korrespondent Armin F. Schwolgin.


 

 

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass nicht alle chinesischen Auslandsinvestitionen erfolgreich waren. Dies zeigen u.a. die Beispiele der deutschen Kleinflughäfen Lübeck und Parchim sowie die Beteiligung der HNA Group an der französischen Aigle Azur, die Anfang September insolvent wurde.

 

Die 1946 gegründete Aigle Azur, die zuletzt elf Flugzeuge in Betrieb hatte, gehörte drei Aktionären: der chinesischen HNA Group (Hainan Airlines) mit 48%, David Neelemann (Gründer von Jetblue) mit 32% und der Gruppe Lu Azur (geführt von dem französischen Investor Gérard Houa) mit 20%. Der regionale Schwerpunkt von Aigle Azur lag auf innerfranzösischen Verbindungen und Zielen in Algerien, Mali, Senegal, Libanon sowie Portugal. Aufgrund eines Code Sharing mit der Schwestergesellschaft Hainan Airlines gab es auch eine Verbindung nach Xian in China. Vom Flughafen Basel-Mulhouse etwa wurden v.a. Ziele in den Maghreb-Staaten angeflogen. Die Krisen in Nahost, Algerien und Mali waren natürlich nicht geschäftsfördernd.

 

 

Adler und Kondor

Der 2012 erfolgte Einstieg der HNA Group als strategischer und finanzieller Investor machte seinerzeit durchaus Sinn. Mit der Beteiligung von Neelemann, dem Gründer der erfolgreichen Azul Linhas Aéreas Brasileiras, als zweitem strategischen Investor erschien zudem Brasilien auf dem Radar, zumal an der Azul wiederum die HNA Group mit fast 24% beteiligt ist.

 

Ausdruck dieser chinesisch-brasilianischen Beziehungen war 2017 die Aufnahme des Langstreckenverkehrs nach Peking und Campinas bei São Paulo. Die Strecke in die chinesische Hauptstadt musste allerdings im Frühjahr 2019 aufgegeben werden, die Verbindung mit Campinas sollte am 9. September 2019 enden. An den finanziellen Problemen von Aigle Azur konnte und wollte die HNA Group als Mehrheitsgesellschafter jedoch nichts ändern.

 

 

HNA Group will liquide bleiben

Die eigenen Liquiditätsprobleme der HNA Group schwelen schon lange. Durch den Verkauf von Aktiva, darunter einen Anteil an der Deutschen Bank und Hilton Worldwide Holdings, hat die Gesellschaft versucht, zahlungsfähig zu bleiben. Der Halbjahresbericht 2019 zeigt jedoch, dass die Liquidität und kurzfristige Anlagen im Jahresvergleich um 61% gefallen sind, die Verschuldung ging demgegenüber nur um 3% zurück. Im Juli konnte eine Inlandsanleihe nicht fristgerecht zurückgezahlt werden; ein weiterer Kredit wurde nicht bedient, sodass Geldgeber einige Golfplätze und andere Aktiva beschlagnahmten.

 

Nun sollen auch logistikaffine Aktivitäten zum Verkauf stehen, darunter HG Storage International und die Containerleasing-Gesellschaft Seaco. Zudem stehen Kerngeschäfte aus dem Luftfahrtbereich zur Disposition. Dazu gehörte bereits die defizitäre Hongkong Express Airways, die im März an Cathay Pacific verkauft wurde. Aber auch die Kern­marke, Hainan Airlines, hat Liquiditätsprobleme, sodass ein Gericht in der Provinz Shandong fast ein Drittel der Aktien befristet eingefroren hatte, weil HNA Verpflichtungen aus Leasingverträgen nicht termingerecht erfüllen konnte. Und die seit Sommer kursierenden Gerüchte, wonach der erst vor vier Jahren gekaufte Boden- und Frachthandlingspezialist Swissport zum Verkauf steht, verstummen nicht.

 

 

Chinas Regierung ist risikobewusster

Um die seit Anfang 2010 ausser Kontrolle geratenen Auslandsinvestitionen wieder in den Griff zu bekommen, wurden im Dezember 2017 die «Administrative Measures for Overseas Investments by Enterprises» veröffentlicht, die seit dem 1. März 2018 gelten. Sie betreffen Neuinvestitionen im Ausland. Dem schlechten Geld noch gutes hinterher zu werfen, ist offensichtlich auch aus der Perspektive von Peking nicht klug. Selbst innerhalb der Volksrepublik lässt die chinesische Regierung seit einiger Zeit kontrolliert Konkurse zu.

Erst recht unvermeidlich war damit das Aus für Aigle Azur.

 

 

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