«Ohne Wandel keine Zukunft»
Eine Auswahl der wichtigsten Herausforderungen in der Luftfahrt hatte Jacques Leijssenaar, seit 2015 Vice President United Cargo der US-amerikanischen United Airlines, für seinen Vortrag vor dem Propeller Club, Port of Basel, im Gepäck. Über das klassische Geschäftsmodell hinaus stellen Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder Demographie die Branche auf die Probe – wie noch nie.
Der Kontrast ist schlagend. «In der Luftfahrt stehen hinter technisch ausgereiftesten Flugzeugen teilweise Betriebsabläufe aus der Steinzeit», pointierte Jacques Leijssenaar am 21. März 2023 auf seinem Vortrag vor dem Propeller Club, Port of Basel, die jüngsten Entwicklungen der Branche.
Dabei geht United Airlines nicht nur mit der avisierten Bestellung von 100 Widebody-Einheiten mit gutem Beispiel voran, um die eigene Flotte technologisch zu verjüngen (vgl. ITJ 01-04/2023, S. 14), sondern hat sich auch dafür entschieden, die grossen Herausforderungen der Branche über das Tagesgeschäft hinaus anzunehmen.
Die grossen Linien finden
Trotz mancher geschäftlichen Durststrecke gehört die Luftfracht nach Leijssenaar zu den Gewinnern der letzten Jahrzehnte: «Die Globalisierung hat zu einer generellen Expansion geführt, und während der Anti-Pandemie-Massnahmen flossen die Gewinne.» Allein in Schiphol als führendem Flughafen in Benelux hingen heute 25% des Wirtschaftsgeschehens an der Luftfracht. Trotz der «roten Flagge» u.a. politischer und wirtschaftlicher Konflikte weltweit stimmten die Aussichten – wenn auch grosse Herausforderungen bestehen.
Leijssenaar hat dabei die Meta-Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Demographie im Auge. Digitale Fortschritte sind angesichts einer Marktdurchdringung der e-AWB von 70% oder einer Online-Buchungsquote von 20 bis 50% bei den meisten Airlines gegeben. «Wir haben aber u.a. noch keinen Standard für API-Schnittstellen», kritisierte Leijssenaar.
Beim Thema Nachhaltigkeit setzt United Cargo vor
allem auf technologische Neuerungen. Effizienzmassnahmen wie Routenoptimierung sollen dabei mit verbrauchsärmeren Flugzeugen und alternativen Treibstoffen einhergehen. Leijssenaar: «Der Einsatz von SAF stösst bis zu 80% weniger CO2 aus.» Die Crux nachhaltiger Lösungen bei tragfähigen Geschäftsmodellen gilt es an dieser Stelle dauerhaft zu lösen.
Als grösste Herausforderung der Zukunft bezeichnete Leijssenaar aber den demographischen Wandel. Dem ausbleibenden Personal könne teilweise mit Robotik und Automation begegnet werden. «Ohne die persönliche Note geht es aber nicht», zeigte er die technischen Grenzen auf, und fuhr fort: «Wir müssen in der Personalpolitik in die Konkurrenz zu Playern wie z.B. Amazon treten und für eigenen Nachwuchs sorgen.» Ein Schlüssel, um den Personalbedarf zu entschärfen, könnte z.B. mehr Standar-disierung im KEP-Bereich sein.
Diese Herausforderungen dulden keinen Aufschub. «Ohne Wandel keine Zukunft», lautete Leijssenaars Fazit. «Wir haben keine andere Wahl, als uns zu bewegen. »Beim Publikum des Propeller Clubs Basel stiessen Leijssenaars Thesen in jedem Fall auf offene Ohren.