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Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 43426

Nicole war nicht eingeladen

Optimismus überwiegte an der Tiaca ACF 2022, trotz dunkler Wolken am Luftfracht-Himmel. Vier Jahre nach der letzten Ausgabe in Toronto (vgl. ITJ 45-46/2018, S. 18-19) konnte der Weltluftfrachtverband wieder das Air Cargo Forum durchführen. Dass deutlich mehr Aussteller und Besucher nach Miami Beach kamen, lag weniger am vermeintlich attraktiveren Wetter, sondern spiegelte die Aufbruchstimmung der Branche wider. Aber auch in der vom Tropical Art Deco geprägten Umgebung war nicht alles rosa.


Vier Jahre sind eine lange Zeit. 2018 nahm Italien zwar, wie ddieses Jahr, nicht an der Fussball-WM teil, holte aber den Titel an der folgenden Europameisterschaft. Dass diese ein Jahr später als geplant stattfand, lag an der Corona-Pandemie, die ja so viele Dinge verändert hat. Glyn Hughes z.B., der in der Zwischenzeit von der Iata zur Tiaca gewechselt ist, bemerkte bei der Eröffnung des ACF am 8. November in seiner gewohnten Art, dass er noch weniger Haare habe.

Aufrichtig fröhlich stimmte den Generaldirektor aber die Zahl von über 3800 registrierten Teilnehmern. Dass mit dem tropischen Sturmtief «Nicole», das sich zur selben Zeit über den Bahamas zusammenbraute und anderthalb Tage später tatsächlich als Hurrikan nördlich von Miami auf die Küste Floridas traf, ein ungebetener Gast seinen Besuch androhte, kommentierte er mit einem Verweis darauf, dass das 2015 bis 2018 für 620 Mio. USD modernisierte Miami Beach Convention Center «das sicherste Gebäude in ganz Südflorida» sei.

In der Halle, die Anfang Dezember übrigens die Art Basel Miami Beach beherbergt, war auf einer doppelt so grossen Fläche als noch in Toronto 2018 viel von der Aufbruchstimmung zu spüren. Mit 220 Ausstellern in elf Bereichen präsentierte die Messe «internationale Partner für intermodale Lieferketten», so das in Zusammenarbeit mit der Messe München erstellte Konzept. Unter den Ausstellern belegten Deutschland mit 47, Kanada mit 15 sowie Italien und Grossbritannien mit jeweils elf die ersten drei Plätze. Ob sich aber die in einem Landespavillon vereinigten deutschen Häfen unter den Luftfrächtern wirklich heimisch gefühlt haben, darf bezweifelt werden.

Die Branche in Europa und der Welt

Kritisch kommentierten auch langjährige Tiaca-Mitglieder, dass die Teilnahme am ACF, das von nun an immer in Miami Beach stattfinden soll, für die meisten Besucher und Aussteller, nämlich jene aus Europa, lange Reisen und hohe Investitionen erfordere. Diesem Einwand setzte Chairman Steven Polmans entgegen, dass ein alle zwei Jahre wechselnder Austragungsort einen grossen Aufwand für die Tiaca bedeute, die darüber hinaus systematisch die Begegnung vor Ort suche: So finden 2023 nach dem Regionalsymposium in Amsterdam letzten Juni ähnliche Veranstaltungen in Delhi (März) und Nairobi (Juni) statt. Und mit dem Excutive Summit kehrt die Tiaca vom 6. bis 8. November sogar an die alte Wirkungsstätte des früheren Frachtchefs des Flughafens Brüssel zurück.

Natürlich war das ACF auch wieder vollgepackt mit hochkarätig besetzten Podiumsdiskussionen und detaillierten Vorträgen. Sander Schuringa von Seabury Cargo etwa sprach in seinem Branchenausblick von «dunklen Wolken», aber auch «viel Raum für Optimismus»: Ja, die Yields seien zuletzt global zurückgegangen, lägen aber immer noch weit über den präpandemischen Werten. Ausserdem entwickle sich der transatlantische Korridor immer noch positiv. Kapazitäten mangelten weiterhin zwischen Europa und Asien. Aber auf dieser Strecke gibt es ja seit dem 24. Februar einen neuen Krisenherd, der die Weltwirtschaft und die Lieferketten noch länger beschäftigen dürfte.

Vergangenheit und Zukunft

Larry Coyne mit zwei Jahren Verspätung und der dieses Jahr ernannte Olivier Bijaoui sind während des ACF 2022 offiziell in die Tiaca-Ruhmeshalle eingezogen.

Grund zu feiern gab es auch für die Gewinner des diesjährigen Nachhaltigkeitspreises. In der Kategorie «Corporate» wurde der Flughafen Edmonton für seinen ganzheitlichen Ansatz «Airport City Sustainability Campus» ausgezeichnet. Unter den drei Finalisten der Kategorie «Start-up/Small Business» überzeugte Cargo AI das Publikum mit «Cargo2Zero» am meisten.

Die Auszeichnung für das Lösungsportfolio für Spediteure, das darauf abzielt, die Luftfrachtbranche durch Einsatz eines CO2-Effizienz-Scores zu dekarbonisieren, bringt dem IT-Unternehmen aus Singapur 10,000 USD ein.

 

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