Namibias neuer Schatz
Der (Wasser-) Stoff, aus dem im Wüstenstaat die Träume sind. Eine «Forschungsreise 3.0» steht auf der Wunschliste von ITJ-Korrespondent Clemens Finkbeiner-Dege. Ihr Ziel: Erkundungen am unberührten Rand Afrikas, in Namibia. Das Land verführt mit grandiosen und nur sehr dünn besiedelten Flächen und ist dabei etwa doppelt so gross wie Deutschland. Beide Länder arbeiten jetzt an Perspektiven für den Transport der Zukunft.
Namibia: ein Wüstenstaat, ohne Niederschläge, die den Namen verdienten, ergo kaum Landwirtschaft. Auch mit Flüssen, die ganzjährig Wasser führen, ist das Land kärglich ausgestattet, das macht selbst der Sambesi nicht wett, der im Caprivi-Zipfel im äussersten Nordosten als Grenzfluss fungiert. Auch die wenigen Speicherseen sind ein Tropfen auf den heissen Stein.
Vergangenheit und Zukunft
Auf seiner Westseite hat das Land eine gewaltige, mehr als 1500 km lange Küste. Dort stösst die Wüste Namib unvermittelt an den Atlantik. Ausser betörenden Natur- und Farbeffekten tut sich aber wenig – mit der Ausnahme von Walvis Bay, dem grössten Hafen des Landes. Seine 8 Mio. t Gütervolumen im Geschäftsjahr bis 31. März 2024 speisten hauptsächlich die Fischerei und der Erz-Export (Uranerz, neuerdings auch Lithium). Die Diamantminen spielen in einer anderen Liga.
Hier, unweit der Stelle, wo 1485 der Seefahrer Diogo Cão mit einem Steinkreuz die Besitznahme für die portugiesische Krone markierte, startet an der Walvis Bay die Zukunft Namibias: Unter dem unschuldigen Namen «Hyphen» fiel kurz vor Ostern der Startschuss für ein deutsch-namibisches Wasserstoff- und Ammoniak-Zentrum, «grüner» Wasserstoff (H2) versteht sich. Hauptpartner des Konsortiums auf der deutschen Seite ist der einschlägig erfahrene Konzern Enertrag.
«Ideale Voraussetzungen»
Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war bei der Partnersuche voll der Euphorie: «Namibia hat ideale Voraussetzungen, um mit Hilfe von Wind- und Solarenergie günstigen und klimafreundlichen grünen Wasserstoff herzustellen. Dies eröffnet dem afrikanischen Land völlig neue wirtschaftliche Perspektiven und trägt zum Aufbau eines internationalen Wasserstoffmarkts bei. Hierfür wollen wir einen Beitrag leisten und den Ausbau der grünen Wasserstoffwirtschaft in Namibia beschleunigen.» Klingt gut, wobei jedermann versteht, dass auch Deutschland von dem Megaprojekt profitiert.
Bis in fünf Jahren rechnet das Industriekonsortium mit 300 000 t grünem Wasserstoff und will parallel 3 GW Elektrolyseleistung sowie 5 GW Windkraft- und Sonnenstrom-Energie aufgebaut haben. Zum Vergleich: Die typische Leistung eines Kernkraftwerkblocks beträgt 1 GW.
Aufbau von Verkehrsinfrastruktur
Für den Transport des Treibstoffs der Zukunft ist eine «Dual-Fuel-Bahn» (Wasserstoff oder Diesel) im Aufbau. Im Hafen von Walvis Bay selbst hat jüngst ein mit belgischer Hilfe operierendes H2-Projekt gestartet: Für den Hafenbetrieb entsteht ein mit grünem Wasserstoff betriebener Schlepper, das Gas wird auf einer Produktionsfläche im Hafengebiet hergestellt und darum herum wächst nach bis nach eine spezifische H2-Infrastruktur.
Nicht genug damit: Weiter südlich entsteht im putzigen Museumsstädtchen Lüderitz zeitgleich ein nationales Energiezentrum. Dieses soll wohl die Walvis Bay-Aktivitäten flankieren.
Lieber heute als morgen soll die Reise losgehen, aber zunächst sind Vorbereitungen zu treffen: Impfungen planen, auch ein internationaler Führerschein wird empfohlen. Ohne Auto ist man in dem Land hilflos – meist Allradfahrzeuge mit Dieselmotor und zwei Ersatzreifen.