Frische Schubkraft
Vor über zehn Jahren brachten die Türkei, der Iran und Pakistan das gemeinsame Projekt eines durchgängigen Containerzugs auf den Weg. Doch dann schlief es ein. Wie Ali Abdollahi von der Iranischen Bahn dem ITJ mitteilte, kommt jetzt Bewegung in die Sache.
Was, wenn ausgerechnet während der Coronakrise, die gerade auch die drei grossen Länder Iran, Pakistan und Türkei hart getroffen hat, ein lange Zeit erstarrtes Projekt mit überregionaler Bedeutung mit neuem Leben erfüllt wird? «Ende Juni planen die Eisenbahnunternehmen der drei Länder den Start des ITI Cargo-Zugs», erklärte Ali Abdollahi von der Abteilung für internationale Angelegenheiten der Iranian Railways. Die Rückendeckung der Economic Cooperation Organization (ECO), einer zwischenstaatlichen Organisation, die ausser den drei Gründungsstaaten (1985) sieben weitere Mitglieder in der Region umfasst, hat sie schon und wird nun auch von den Regierungen in Islamabad, Teheran und Ankara auf höchster Ebene unterstützt. Der Probebetrieb des ITI-Zuges wurde 2009 gestartet, und im Jahr darauf rollte auf seinen Gleisen der Grossteil der humanitären Hilfe der Vereinten Nationen für die Bevölkerung in nordwestpakistanischen Überschwemmungsgebieten. Doch danach stoppte er – offiziell aufgrund von Betriebsproblemen.
Eine strategische Alternative
Die Wende brachte das elfte Treffen der Hochrangigen Arbeitsgruppe des ITI-Containerzugs, das letzten Oktober im ECO-Rahmen stattgefunden hat. Hier wurde die Bedeutung des Korridors hervorgehoben – insbesondere für die Förderung des Handels, der Sicherheit und der Stabilität der Region. Auch wollte man den Verladern entgegenkommen, für die der Zug grosse Vorteile gegenüber dem Seeweg aufweist, und forderte die drei Bahnen auf, ab Januar 2021 den Betrieb wiederaufzunehmen. Danach wurde die ITI-Containerzug-Koordinationsgruppe gegründet, deren wöchentliche Treffen sämtliche operativen Fragen diskutierten. Für die iranische Seite nimmt Abdollahi – virtuell – daran teil. «Nach den Untersuchungen der Gruppe wurde entschieden, dass nicht nur Container, sondern auch konventionelle Waggons auf diesem Korridor transportiert werden können, weshalb der Name von ‹ITI Container Train› in ‹ITI Cargo Train› geändert wurde», so Abdollahi.
Neben der Spur
Bleiben aber noch technische Probleme, die zu – nur – fünf weiteren Monaten Verzögerung geführt haben, insbesondere der lange Halt der Ladungen im iranischen Bahnhof Zahedan, 98 km vor der Grenze zu Pakistan. Hier trifft die pakistanische Breitspur (1676 cm) auf die im Iran und in der Türkei gängige Standardspur von 1435 cm und erfolgt die Umladung auf die Waggons der Partner – wenn sie denn rechtzeitig eintreffen, wofür wegen der Sanierungsbedürftigkeit des pakistanischen Abschnitts bis Quetta keine Garantie besteht.
«Nach sehr guten Gesprächen innerhalb der ITI-Koordinationsgruppe haben sich die drei Bahnen auf die pünktliche Bereitstellung pakistanischer Waggons in Zahedan, den Fahrplan der Züge und gegenüber dem Seetransport wettbewerbsfähige Tarife geeinigt», berichtet Abdollahi. Auf der letzten Sitzung Anfang Mai sei der Tarif für konventionelle Waggons sogar noch einmal deutlich gesenkt worden, und der Transport von Leercontainern koste nur noch halb so viel wie der beladener Boxen.
Dreimal schneller
Nach den Vereinbarungen soll ein Zug für die gesamte Strecke von Istanbul nach Islamabad lediglich zwölf Tage benötigen – eine enorme Zeitersparnis gegenüber der Seeroute (z.B. Mersin–Karachi in 35 bis 40 Tagen). Dabei kann bei der Überquerung des Van-Sees in der Osttürkei auf die bestehende Fähr-Infrastruktur der Türkischen Bahn zurückgegriffen und der Anschluss über den Bosporus sichergestellt werden. Zur Entlastung an der iranisch-pakistanischen Grenze will der Iran ein Schmalspurgleis neben der bestehenden Breitspur bauen und Pakistan seinerseits Sanierungen vornehmen. Von der Investition ist Abdollahi überzeugt: «Diese Route bietet sich auch für den Transport von Gütern aus Russland und der GUS durch den Iran nach Pakistan an.» ah