Goldene Nase aus Müll
Potenzial für den Schienentransport. Letzten November hat die österreichische Regierung die Weichen für eine forcierte Nutzung der Schiene für den Transport von Müll gestellt. Eine Bahn, die begierig danach ist, sich die Hände schmutzig zu machen, setzt ein flexibles Behältersystem ein.
Die Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) hat eine stufenweise Verringerung der Distanzen für verpflichtende Abfalltransporte festgeschrieben: Ab nächstem Jahr müssen in Österreich Abfälle mit einem Gesamtgewicht von über 10 t und über eine Transportdistanz von 300 km verpflichtend «per Bahn oder durch andere Verkehrsmittel mit gleichwertigem oder geringerem Schadstoff- oder Treibhausgaspotential wie beispielsweise Antrieb mittels Brennstoffzelle oder Elektromotor erfolgen», heisst es in dem Text.
Ab 2024 schrumpft die Entfernung auf 200 km und ab 2026 auf 100 km. Diese Regelung gilt aber nicht, wenn nachgewiesen wird, dass von der Bahn keine entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden können, oder wenn beim Bahntransport die auf der Strasse zurückzulegende Strecke für die An- und Abfahrt zu und von einer der nächstgelegenen Verladestellen im Vergleich zum ausschliesslichen Strassentransport 25% oder mehr betragen würde.
Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie installiert eine digitale Plattform, über die eine Abfrage von Angeboten für Abfalltransporte im Schienengüterverkehr möglich ist. Den Bahnen, und hier allen voran der ÖBB Rail Cargo Group (RCG), kommt die Novelle gelegen, weil sie damit per gesetzlicher Verordnung mehr Güter auf die Schiene bekommt.
«Als grösstes Klimaschutzunternehmen Österreichs begrüssen wir die neuen Regelungen im AWG. Es gibt noch viel Verlagerungspotential von Gütertransporten auf die Schiene. Allein im Abfallbereich eignen sich bis zu 80% des gesamten Aufkommens im Land zum Bahntransport», betont Andreas Matthä, CEO der ÖBB Holding. Das gesamte Müllvolumen im Land liegt jährlich bei etwa 72 Mio. t.
Bisher 80% auf der Strasse
Aufgrund ihrer Eigenschaften kommen Aushubmaterial, Bau- und Abbruchabfälle, Haushaltsabfälle sowie Asche und Schlacken besonders für die Bahn infrage. Trotzdem wurden bisher rund 80% davon auf der Strasse transportiert. Die RCG befördert derzeit pro Jahr rund 8 Mio. t Müll, das sind ca. 12% des gesamten Müllaufkommens in Österreich. Damit werden rund 460 000 Lkw-Fahrten vermieden.
Um die Vorteile der Schiene mit jenen des flexiblen Strassengüterverkehrs zu vereinen, nutzt die RCG u.a. das sogenannte Mobiler-System, eine hydraulische Hubeinrichtung für den raschen und unkomplizierten Umschlag von speziellen Mobiler-Behältern.
Weil es weder Kran noch Anschlussgleis benötigt, eignet sich das System besonders für die Erschliessung von Industriezentren ohne direkten Gleisanschluss. Rund 1 Mio. t unterschiedlicher Güter werden derzeit jährlich mit ihren ca. 1000 RCG-Mobiler-Behältern auf der Schiene befördert.