Lösegeld lockt
Die Piraterie im Golf von Guinea wird professioneller und zunehmend durch die Aussicht auf Lösegelder getrieben.
Auf einem Webinar am 18. März haben Hans Tino Hansen, Gründer von Risk Intelligence, und Richard Neylon, Partner der Kanzlei Holman Fenwick Willan in London, mit 35 Jahren geballter Erfahrung zum Thema Piraterie berichtet.
Lösegeld-Forderungen treiben dieses «Geschäft» weiter an. Dennoch sind die Unterschiede zwischen Somalia, wo globale Schifffahrtsströme für viel Publizität sorgten, und dem Golf von Guinea sowie dem Niger-Delta als Ölregion erheblich. Hansen zeigte von 2007 bis 2020 etwa 100 Piraterie- Vorfälle jährlich in der Region nach. Der Trend ist stabil, aber die mediale Aufmerksamkeit vom Horn von Afrika nach Westafrika gewandert. Allerdings ist auch dort ein qualitativer Wandel bemerkbar, da die Kriminellen inzwischen flächendeckend und über weite Distanzen aktiv werden.
In der Region sind bewaffnete Wächter an Bord von Schiffen nicht erlaubt, nur private Begleitschiffe. Die Bekämpfung der Piraten ist keine Priorität der nigerianischen Behörden, wenn auch die 195 Mio. USD des «Deep Blue Project» die technische Ausstattung der Boote und des Radars verbessert haben. Die hiesigen Piraten sind gewaltbereiter als die Somalis, da sie den Kampf mit Begleitschiffen nicht scheuen, neu Mutterschiffe und Navigatoren nutzen und ganze Crews entführen statt wie früher Einzelne, so den Kapitän und den Chefingenieur. Auch die Zitadelle, der Kernbereich des Schiffs, wird häufiger attackiert.
Nach 135 Vorfälle in 2020 hat auch 2021 mit einem Paukenschlag begonnen. Im Januar wurden bereits 15 türkische Seeleute entführt und einer getötet. Zudem haben die nigerianischen Behörden 2019 das Recht geändert, sodass der Reeder jeden Piraterie-Vorfall unmittelbar melden muss, wenn er staatliche Unterstützung erfahren will. Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Neylon: «Je schlimmer die wirtschaftliche Lage in den Regionen, desto mehr Vorfälle. Piraterie muss zu Lande besiegt werden.»