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  • Bleibt es bei Ausnahmen für Allianzen?

10.01.2019 Von: Claudia Behrend


Artikel Nummer: 25905

ITF gegen Kartelle

Das International Transport Forum (ITF) plädiert in einem Bericht gegen die Verlängerung der kartellrechtlichen Ausnahmeregelung der EU für Allianzen in der Schifffahrt.


 

Ob 2M (Maersk & MSC), Ocean Alliance (Cosco, CMA CGM, Evergreen & OOCL) oder The Alliance (Hapag-Lloyd, Yang Ming & ONE) – die Allianzen der grossen Containerreedereien mit einer Transportkapazität von derzeit ca. 17,8 Mio. TEU werden heute oft als selbstverständlich angesehen. Sie profitieren von einer Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) der Europäischen Kom- mission für Seeschiffahrtskonsortien, die aber nur noch bis April 2020 gilt. Heute sind Reedereien mit einem kumulierten Marktanteil von weniger als 30% vom Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Aeuv) ausgenommen. Sie dürfen also Kooperationsvereinbarungen schliessen, um gemeinsam Dienstleistungen im Seefrachtverkehr zu erbringen.

 

 

Globale Allianzen dominieren den Markt

Anlässlich der Überarbeitung der GVO durch die Europäische Kommission hat das ITF die Auswirkungen der Allianzen untersucht. Die Verfasser Olaf Merck, Lucie Kirstein und Filip Salamitov des im November 2018 publizierten Berichts heben hervor, dass 2M, Ocean Alliance und The Alliance insgesamt ca. 80% des Containerhandels repräsentierten und etwa 95% der gesamten Schiffskapazität auf den wichtigen Ost–West–Handelswegen betrieben. Die Kooperationen hätten es den Reedereien ermöglicht, Megaschiffe zu erwerben und zu betreiben. Einigen Reedereien wäre das ohne Kooperationen gar nicht möglich gewesen.

 

Die Bestellung der grossen Schiffe wiederum habe die Überkapazitäten angefacht. Zudem seien das Angebot des Seetransports vereinheitlicht und die Möglichkeiten der Beförderer, sich abzuheben, eingeschränkt worden. Darüber hinaus habe die Allianzstruktur die Auswahl der Verlader und das Service-Level durch niedrigere Frequenzen, weniger direkte Port-to-Port-Verbindungen, abnehmende Termintreue und längere Wartezeiten reduziert. Dies habe insgesamt zu längeren Transportzeiten und Lieferunsicherheiten für diverse Verlader geführt, mit dem Ergebnis höherer Bestands- und Reservekosten. Des Weiteren seien Allianzen von Natur aus instabil: Da alle grossen Reedereien in Bündnissen seien, könnten sich Änderungen in einem von ihnen auf die gesamte Branche auswirken. Zudem trügen Allianzen zur Verlagerung grosser Gütermengen im Fall der Änderung eines Hafens bei. Ein destruktiver Wettbewerb zwischen den Terminalbetreibern und starker Druck auf die öffentlich finanzierte Verbesserung der Infrastruktur für die Megaschiffe können die Folge sein. Diese Ausgaben erwiesen sich jedoch oftmals als unwirtschaftlich.

 

 

Aufhebung der GVO gefordert

Aus seiner Analyse hat das ITF drei Empfehlungen abgeleitet: Die Aufhebung der schiffsspezifischen Gruppenausnahmen, die Verbesserung der Projektbewertung für die Hafen- und Hinterlandinfrastruktur mit gemeinsamen Grundsätzen für Hafenpreise und die Festlegung kohärenterer Hafenrichtlinien, um das Risiko von Überkapazitäten zu verringern. Wenn die EU-Kommission die GVO tatsächlich nicht verlängern sollte, würde dies nach Einschätzung des ITF wohl nicht zur Beendigung der bestehenden und zukünftige Allianzen führen, da diese im Einzelfall noch wettbewerbsrechtlich genehmigt werden könnten. Es würde jedoch – so der Bericht – eine stärkere Prüfung der einzelnen Allianzen gewährleisten und wettbewerbswidriges Verhalten in der Branche verhindern.  

 

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