Das Eis schmilzt – so oder so
Bericht von der Konferenz über «Die Zukunft der Luftfrachtlogistik für norwegisches Seafood». Einige Herausforderungen gilt es zu bewältigen, sollen skandinavische Fischexporte ihr volles Potenzial ausschöpfen. Zentral sind Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und dessen Folgen für eine margenschwache Branche. Welche wirtschaftliche Bedenken ausserdem Sorgen bereiten, hat ITJ-Korrespondent Michael Mackey am 19. September in Oslo notiert.
Währung, Interesse und Luftfracht – dieser Dreiklang müsse beobachtet werden, betonte Sangik (James) Chung, CEO und Gründer der Myung Jin Holdings Corporation, die in Südkorea Fisch vertreibt. Zuletzt hätten Veränderungen in diesen Parametern die Nachfrage im Land um knapp ein Drittel einbrechen lassen. Was den Lachs zu einem puren Luxus gemacht hat, ist bekannt: Russlands Krieg gegen die Ukraine, Sanktionen und die Schliessung eines riesigen Luftraums machen die langen Routen von Europa nach Ostasien noch länger.
Werbung werde zwar in Korea gemacht, aber nötig sei etwas anderes. «Wagen Sie einen Charterflug und vereinbaren Sie einen besseren Preis», forderte Chung die Konferenzteilnehmer auf. Versuche dazu gibt es, aber es ist kein einfacher Weg.
Vom Fisch zum Filet
Dass Norwegen auf dem Luftweg letztes Jahr brutto ca. 260 000 t Meeresfrüchte exportierte, darin aber 20 000 t Eis enthalten waren, liess den Saal in Verblüffung zurück – noch mehr, wenn sich die Schätzungen auf 350 000 t Exportvolumen in fünf Jahren verwirklichen. «Eis in die Luft zu schicken, rechnet sich nicht, noch weniger bei den heutigen Raten», mahnte Hans Petter Vestre, Team Manager Airborne Seafood von Lerøy Seafood.
Das Unternehmen aus Bergen arbeitet daran, das Kühlmittel durch einige einfache betriebliche Anpassungen so weit wie möglich zu verringern. «Wir versuchen, den Anteil des essbaren Gewichts der Sendungen zu erhöhen, indem wir in so vielen Märkten wie möglich vom ganzen Fisch zum Filet gehen», erklärte Vestre. Ausserdem suche man auch nach den effizientesten Routen und Fluggesellschaften. Dabei mangele es aber oft an Informationen von Partnern.
In der Ära von Big Data sei viel möglich, entgegnete Fredrik Wildtgrube. Für den Frachtchef von Finnair verbessert sich das Management der Ladungen von der Rückverfolgbarkeit einzelner Kisten bis zu einer genaueren Temperaturmessung. «Finnair», sagte er, «entwickelt gerade ein IT-System in dieser Richtung.»
Kosten werden kommen
Was auf der Konferenz jedoch wirklich ins Auge fiel, war das Bewusstsein darum, dass der Klimawandel real ist, das Erreichen der Industrieziele, bis 2050 CO2-neutral zu sein, aber hart wird. «Dieses Thema klebt an uns, das wird das nächste Problem sein», versicherte Carl Christian Skage, Managing Director für Norwegen von Nordic GSA/ECS Group. Grösse und Komplexität der Sache untermauern die Befürchtung.
«CO2-Berechnungen können um bis zu 40% variieren, was die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der besten Route, des Flugzeugtyps und des Transportmittels überhaupt erhöht», führte Skage an. Möglicherweise unterschätze man den Lkw-Anteil.
Sicher ist für Skage, dass nachhaltige Flugkraftstoffe eine Ressource sind, die nicht einmal annähernd das tut, was benötigt wird. Ist es einmal verfügbar, dann fünfmal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Andere Technologien wie Wasserstoff werden «zu spät kommen, um die nötigen Emissionssenkungen zu erreichen», fügte er hinzu. Sein wichtigster Punkt war das schiere Gewicht des politischen Drucks, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, ohne andere Ziele zu gefährden. Er rechnet fest mit Regelungen – und das heisst Besteuerungen. Deshalb riet er den Konferenzteilnehmern: «Lernen Sie, die kommenden Kosten zu tragen!»