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  • Die meisten Projekte haben multimodalen Charakter.

Von: Frank Stier


Artikel Nummer: 35835

Ein Fonds als Schlüsselfaktor

Die 2016 gegründete «Drei-Meere-Initiative» hat sich als ein Dach etabliert, unter dem inzwischen 24 Grossprojekte der logistischen Infrastruktur in zentral- und osteuropäischen Ländern platziert wurden. Bulgarien, das 2021 den Vorsitz führt, setzt einen Schwerpunkt seiner Anstrengungen in der finanziellen Grundlage der Projekte und will den dazugehörigen Investitionsfonds (3SIIF) stärken.


 

In Zeiten, in der Virus-Pandemien die europäischen Staaten dazu verleiten, sich voneinander abzuschotten und das Zerreissen von Lieferketten zu riskieren, erscheint eine Initiative zur grenzüberschreitenden Kooperation anachronistisch. Tatsächlich stammt die Drei-Meere-Initative (Three Seas Initiative/3SI) noch aus dem Jahr Vier vor Corona. Damals initiierten die Staatspräsidenten Kroatiens und Polens 3SI als Plattform für die Länder zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer, um gemeinsam die infrastrukturelle Rückständigkeit ihrer Region in den Bereichen Verkehr, Energie und Digitalisierung gegenüber dem westlichen Europa zu verringern. Heute beteiligen sich die zwölf EU-Staaten Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn an der Drei-Meere-Initiative.

 

Im laufenden Jahr hat Bulgarien den 3SI-Vorsitz inne. So sollen die Staatsoberhäupter der teilnehmenden Länder in diesem Juni in der bulgarischen Hauptstadt Sofia zu ihrem sechsten Gipfeltreffen zusammenkommen. Auf einem parallel dazu stattfindenden Buiness-Forum sollen sich Unternehmer und andere Stakeholder begegnen, um möglichst Investitionen für die Realisierung strategisch wichtiger Projekte zu generieren. «Unser Vorsitz und unsere Jahreskonferenz sollen wie ein Katalysator wirken für die zügigere Verwirklichung der grundlegenden Ziele der Initiative bei der regionalen Digital-, Energie- und Verkehrs-Infrastruktur», sagt Roussi Ivanov dazu. Er ist als aussenpolitischer Sekretär des bulgarischen Staatspräsidenten Rumen Radev 3SI-Beauftragter.

 

 

24 Projekte in der Pipeline 

Knapp zwei Dutzend Projekte der Verkehrs-Infrastruktur werden im Rahmen von 3SI verfolgt. Darunter befinden sich multilaterale wie die Autobahn Via Carpatia, die 2025 den griechischen Hafen Thessaloniki mit dem litauischen Klaipeda verbinden soll, die Eisenbahnverbindung Rail Baltica von Warschau nach Tallinn und das Binnenschiffahrts-projekt Fair Way Danube. Darüber- hinaus gibt es bilaterale und nationale Projekte mit internationaler Bedeutung wie die Ertüchtigung der Eisenbahnstrecke zwischen den bulgarischen Städten Russe und Varna, die Modernisierung des Schüttgut-Terminals im kroatischen Hafen Rijeka und der Bau eines Tunnels unter dem Petrochan-Pass in Bulgarien, der den Strassenverkehr zwischen griechischer Grenze und rumänischem Donau-Ufer erleichtern soll.

 

All diese Projekte zur Verbesserung der Transport- und Logistik-Infrastruktur zwischen Ostsee, Ägäischem und Schwarzem Meer sind keine originären 3SI-Planungen, zum Teil existierten sie auf dem Papier bereits lange vor Lancierung der Drei-Meeres-Initiative im Jahr 2016. Doch 3SI kann zu ihrer beschleunigten Realisierung beitragen, hofft Ivanov. Als wichtiges Instrument dafür sieht er den im Jahr 2019 von zwei Handelsbanken aus Polen und Rumänien initiierten Three Seas Initiative Investitions Fonds (3SIIF).

 

Drei Viertel der 3SI-Länder sind inzwischen direkt an dem von der Londoner Amber Infrastructure Group nach marktwirtschaftlichen Prinzipien verwalteten Investmentvehikel 3SIIF beteiligt. Zuletzt gingen im Februar 2021 Kroatien und Litauen ihm gegenüber Finanzierungsverpflichtungen ein. Das eingesammelte Investitionsvermögen beläuft sich inzwischen auf eine Summe von 930 Mio. EUR. Bisher hat 3SIIF zwei Projekte finanziert, das nach ökologischen Gesichtspunkten konzipierte Datenzentrum Green Energy in Tallinn und im Oktober 2020 die vollständige Übernahme von Cargo Unit, Polens grösster privater Leasinggesellschaft für Lokomotiven. Sie gilt mit ihren 175 Lokomotiven als Marktführerin in Zentraleuropa.   

 

 

Mehr Unterstützer für den Fonds

Als eine der Prioritäten von Bulgariens 3SI-Vorsitz nennt Ivanov vom bulgarischen Staatspräsidium, eine «noch stärkere Unterstützung des Investitionsfonds durch die Teilnehmerländer zu erreichen». Grundlegend dafür sei aber «eine grössere Transparenz der Auswahlprozeduren der Investitionsprojekte». Noch in diesem Jahr wolle man dabei zu vorzeigbaren Resultaten kommen. Nur diese könnten «das Vertrauen der teilnehmenden Länder und anderer Stakeholder in den 3SIIF erhöhen und zu mehr finanziellen Zuwendungen internationaler Finanzinistitutionen auch aus dem Privatsektor führen», ist Ivanov überzeugt. «Gegenwärtig befinden wir uns in einem Update-Prozess bei der Auswahl der vom Fonds am effektivsten zu finanzierenden Schlüsselprojekte. Er stellt eine Periode des Übergangs dar von der politischen zur praktischen Dimension der Initiative.»