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  • Foto: Air Belgium

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 46752

Es bleibt bei der Fracht

Air Belgium steigt aus der Passage aus – nicht zum ersten Mal. Auf der Suche nach einem dauerhaften Geschäftsschwerpunkt muss sich Air Belgium jetzt erst einmal juristisch verantworten, sieht dann aber ihr Heil in der Luftfracht. Mit einem Grossaktionär aus China hat man wohl gute Erfahrungen gemacht.


Für viele der 500 Mitarbeiter und jene Kunden, die nach dem 3. Oktober mit einer der vier Airbus-Langstreckenmaschinen von Air Belgium reisen wollten, dürfte die Nachricht am 18. September eine kalte Dusche gewesen sein: Dann nämlich stellt die Fluglinie mit Sitz im wallonischen Charleroi, 50 km südlich von Fiata-Konferenzort Brüssel, den Passagierverkehr in Eigenregie ein.

Künftig will sich das erst vor fünf Jahren gegründete Unternehmen auf Frachtflüge und das Wetleasing von Flugzeugen konzentrieren. Personal aus der Passage soll, so die Unternehmensleitung, wenn möglich in den anderen Geschäftsbereichen beschäftigt werden – vorausgesetzt, der beim Gericht eingereichte Antrag auf Gläubigerschutz, in deren Verlauf das Management eine Lösung bezüglich der nicht näher bezifferten Schulden finden muss, wird angenommen.

Déjà-vu-Erlebnisse

Das junge Unternehmen hat bereits viele Wechselbäder der Gefühle durchlaufen. Abgehoben ist die Fluggesellschaft im Juni 2018 mit Passagierflügen von dem auch als «Brüssel-Süd» vermarkteten Flughafen von Charleroi (CRL) nach Hongkong. Diese mussten aber nach drei Monaten mangels Nachfrage eingestellt werden, und über Wasser hielt sich Air Belgium damals schon nur dank Wetlease-Aufträgen.

Die für den Sommer des folgenden Jahres angekündigte Wiederaufnahme der Strecke wurde abgebrochen. Dafür wendete man den Blick nach Westen, wo man im Winter 2019 Martinique und Guadeloupe bediente – bis Covid-19 der globalen Reiselust einen Riegel vorschob.

Es war die Zeit, in der viele Fluglinien die Luftfracht für sich entdeckten, so auch das Management von Air Belgium. Dank der gemachten Erfahrungen konnte es sich später als Luftfrachtpartner von CMA CGM etablieren und weckte auch weiteres auswärtiges Interesse, in erster Linie seitens des chinesischen Logistikers Hongyuan Group (vgl. ITJ 17-18/2022, S. 8).

Opfer externer Ereignisse

Dennoch drohte 2022 nach 44 Mio. EUR Verlust die Insolvenz, die nur durch frisches Geld der Investoren abgewendet werden konnte. Darauf folgte die nächste Reorganisation mit Passagierflügen nach Südafrika und Mauritius. Doch auch mit denen ist nun Schluss.

Das Geschäft mit Reiseflügen sei «chronisch defizitär» geworden, gesteht das Management und führt einen ganzen Strudel von externen Ereignissen an, in den Air Belgium hineingesogen worden sei: Covid-19, der Krieg in der Ukraine, der gestiegene Kerosinpreis und die hohe Inflation. Aus diesem Grund wolle man sich jetzt auf das B2B-Geschäft konzentrieren.

Die abermalige Wende ist kein Sprung ins kalte Wasser. Gelingen soll sie mit drei B747-8F, die für die Hongyuan Group betrieben werden, und drei A330-Umbaufrachtern. Die vier A330-Passagierflugzeuge sind von nun an auf der Suche nach neuen Tätigkeitsfeldern – wo auch immer auf der Welt.


 

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