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  • Alexey Isaikin (links) mit Sergey Sobyanin.

Von: André Ballin


Artikel Nummer: 41975

Gründer geht von Bord

Russische Luftfrachtgruppe nach Sanktionen in heftigen Turbulenzen. Die russische Volga-Dnepr Group hat wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine folgenden internationalen Sanktionen mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Nun trennt sich das Unternehmen vom Chef und der Hälfte der Piloten.


Einem Bericht der Moskauer Tageszeitung Kommersant zufolge will der Gründer und Grossaktionär der Volga-Dnepr Airlines, Alexej Isaikin, seine Anteile an dem Konzern abstossen und die Führung dem Management übergeben. Über eine mögliche Abfindung ist nichts bekannt.

Der Hintergrund: Der Geschäftsmann steht seit Juni auf einer Schwarzen Liste in Grossbritannien. London sanktionierte Isaikin, der neben der rusisschen Staatsbürgerschaft auch einen zypriotischen Pass besitzt, als Chef eines Transportunternehmens «mit signifikanten Luftoperationen, das mit der russischen Regierung Verträge zum Aufbau von Luftbrücken für entscheidende Güter hat».

Der heute 69-Jährige hatte das Unternehmen 1990 gegründet und zu einem der erfolgreichsten Anbieter im Luftfrachtverkehr weltweit aufgebaut. Im vergangenen Jahr beförderte die international agierende Volga-Dnepr Group 725 000 t Güter, was etwa der Hälfte des Luftfrachtvolumens in Russland entspricht. Der Umsatz lag bei 233 Mrd. RUB (entsprach zum Jahresende etwa 2,8 Mrd. EUR), der Gewinn bei 62 Mrd. RUB (740 Mio. EUR).

Boeing-Flotte seit März am Boden

Doch durch Russlands Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hat sich die Lage extrem eingetrübt. Westliche Tochterfirmen wie die britische Cargologicair und Cargologic Germany sind durch die Sanktionen blockiert. Dem deutschen Unternehmen droht der Bankrott.

Die 27 Boeings im Bestand der Gruppe sind wegen fehlender Versicherungen und Ersatzteile sowie Problemen mit Leasingfirmen seit März gegroundet. Die Konsequenz: Die Volga-Dnepr-Töchter Airbridgecargo und Atran lösen ihre jeweilige Boeing-Flotte auf. Die dort beschäftigten rund 200 Piloten wurden entlassen. Das entspricht rund der Hälfte der gesamten Belegschaft beim Flugpersonal.

Die Flotte schrumpft damit auf zwölf Grossraumfrachter vom Typ An-124 Ruslan sowie fünf Transportmaschinen vom Typ Il-76 zusammen. Die sind zwar im Dauereinsatz im asiatischen und afrikanischen Raum. Doch die Aufträge haben nur noch einen Bruchteil des Werts vom Vorjahr, und auch die versprochenen russischen Staatshilfen über umgerechnet 15 Mio. EUR reichen nicht aus.

Mit seinem Rückzug hofft Isaikin, den Druck auf den Konzern zu verringern und die zuvor im Sande verlaufenen Gespräche über ein Joint-Venture mit Etihad Airways wiederbeleben zu können.

Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Die Sanktionen richten sich zwar gegen Isaikin, dürften wegen der strategischen Bedeutung von Volga-Dnepr allerdings auch auf seinen künftigen Nachfolger – oder das Unternehmen insgesamt – ausgeweitet werden. Die Zukunft von Volga-Dnepr bleibt damit unklar.

 

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