Das Jahr 2050 im Blick
Planungen bis 2025 bzw. 2050 treiben die Häfen weltweit im heutigen Kontext um. Mit Merce Conesà, Präsidentin des Hafens Barcelona, sprach hierzu Christian Doepgen.
2020 hat Barcelona 2,96 Mio. TEU abgewickelt und nach Volumina seinen 10. Platz in der Rangliste europäischer Häfen wie im Vorjahr behauptet. Welche Resilienzmassnahmen haben Sie ergriffen?
Die grösste Stärke des Hafens von Barcelona ist die Diversifizierung des Verkehrs und der Aktivitäten. Mit 500 Unternehmen und 37 000 Arbeitnehmern im Hafen bewegen wir von Containern über Schüttgüter bis zu Energieprodukten alles. All dies macht uns widerstandsfähiger gegen Krisen. Auch die Unternehmen in unserem Hinterland haben ihre Exportstärke unter Beweis gestellt. Der Gesamtverkehr entwickelt sich nach wie vor sehr positiv, das Wachstum stieg auf über 7%. Güterarten wie Container haben im Q1/2021 um 25% zugelegt.
Die drei Achsen des vierten Strategieplans des Hafens von Barcelona, der 2025 abgeschlossen sein soll, sollen den umgeschlagenen Warenwert auf 70 Mrd. EUR bringen. Von woher erwarten Sie mehr Verkehr?
Während die westlichen Volkswirtschaften und ihr Aussenhandel in den kommenden Jahren stagnieren, wird Asien, v.a. der Ferne Osten, als globales wirtschaftliches Zentrum wachsen. Eine Zunahme des Handels erwarten wir auch mit Märkten mit hohem demografischem Potenzial wie Afrika und dem indischen Subkontinent, die eng mit China zusammenarbeiten.
Der Hafen setzt mit Elektrifizierung und Umweltprojekten auf Nachhaltigkeit. Wie funktioniert die öffentlich-private Partnerschaft im Bereich Nachhaltigkeit?
Wir fassen den Begriff Nachhaltigkeit weiter und verstehen darunter Umwelt, Wirtschaft und Soziales – mit integrierter Governance. Unser Ziel ist es, die CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2050 ein klimaneutraler Hafen zu werden. Partnerschaften u.a. mit Reedereien mit saubereren Schiffen und null Emissionen im Hafen, Terminals mit Energieeinsparungen und die Nutzung erneuerbarer Energien sind wichtig. SDG 17 – öffentlich-private Partnerschaft – ist der Schlüssel zur Erreichung unserer Ziele.
Sie planen, alle Aktivitäten des Containerverkehrs auf die südliche Zone des Hafens zu konzentrieren. Warum dieser Plan – und wie sieht der Prozess aus?
Die Verlagerung des Containerverkehrs in das von städtischen Gebieten entfernteste Gebiet werden die externen Umwelteinflüsse für die Bevölkerung minimieren, neue Flächen für stärkere öffentliche Nutzung schaffen, der Hafenbetrieb optimieren und Synergien zwischen den Akteuren
in der Logistikkette schaffen. Wir haben gerade die Ausschreibung für eine geotechnische Kampagne im Süden gestartet, um die Zahl der Liegeplätze zu erhöhen und den Catalunya-Kai zu planen. Die voraussichtliche Dauer der ersten Projektphase beträgt 20 Monate.
Im Jahr 2020 fuhren 15% der Container und 42% der Fahrzeuge, die den Hafen passierten, auf Schienen. Wie geht es multimodal weiter?
Das ultimative Ziel ist ein Doppelspurnetz im Hafen von Barcelona und ein grosser Logistik-Hub, über den alle Eisenbahnbewegungen gesteuert werden können. Im Oktober 2020 haben wir das Protokoll für den Bau neuer Strassen- und Schienenzugänge mit den Partnern aus dem Ministerium für öffentliche Arbeiten, der katalanischen Regierung, der Eisenbahninfrastrukturverwaltung Adif und der staatlichen Hafenbehörde Puertos del Estado unterzeichnet.
Sie führen derzeit mit 140 Unternehmen im Hafen eine «Economic Impact Study» durch, um den Digitalisierungsgrad zu messen. Was ist das Ziel dieser Studie?
Die vorherige Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Hafens auf sein Hinterland wurde 2010 abgeschlossen, so dass wir den Mehrwert des Hafens sowie die Faktoren Innovation und Digitalisierung aktuell neu erfassen wollen. Dies dient der stetigen qualitativen Verbesserung der Dienstleistungen, wie z.B. unserem 5G-Projekt zur Überwachung des Schiffsverkehrs im Hafen.
Der Hafen von Barcelona hat gerade ein Instagram-Konto eröffnet. Was erwarten Sie von dieser neuen Kommunikationsplattform?
Es ist unser Ziel, mit diesem Kanal den Hafen den Anwohnern, Besuchern, Nutzern und Arbeitern in sozialer Interaktion näher zu bringen. Alle Nutzer können ihre Vision des Hafens mit Fotos und Videos mit dem Hashtag #HistòriesdelPort [#PortStories] teilen. Wir steuern das breit gefächerte künstlerische und kulturelle Erbe unserer 150-jährigen Geschichte bei und informieren zusätzlich über die Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten im öffent-lichen Bereich des Hafens – d.h. im Althafen oder Port Vell.