Ein Quartett für Doublette
Dass elektrisch betriebene Sattelschlepper mit 500 km Reichweite keine Zukunftsmusik mehr sind, haben vier Schweizer Unternehmen kürzlich in Luzern präsentiert.
An einem wohl gewählten Ort, dem Verkehrsmuseum in Luzern, Schweiz, haben am 14. Oktober Avesco Rent, die Designwerk-Gruppe, Friderici Spécial und Galliker Transport gleich zwei neue, voll elektrifizierte Sattelzugmaschinen vorgestellt – und den Betrachtern unmittelbar eine Probefahrt ermöglicht.
Wein, Idee, Analyse und Umsetzung
Wie viele gute Projekte begann diese mit einem guten Wein und einer verrückten Idee. Clément Friderici vom Projektlogistiker Friderici Spécial und Vincent Albasini von Avesco Rent heckten vor dem Hintergrund wachsender Kundenanfragen zur CO2-Reduktion gemeinsam den Plan eines emissionsfreien Lkw aus. Am Beginn stand die Analyse. Albasini, CEO des grossen Maschinen- und Zubehörverleihs, zeigte sich vom eigenen CO2-Fussabdruck überrascht: «Entgegen unseren Erwartungen stand der Transport von Baumaschinen etc. zwischen unseren Baustellen und 20 Filialen für nahezu 50% unserer Emissionen.» Das Optimierungspotenzial konnte an dieser Stelle entsprechend gross eingestuft werden.
Die Partnerschaft erweiterte sich um die Konstrukteure der Designwerk-Gruppe, Winterthur, und den Transporteur Galliker, Altishofen. Die vier Parteien waren sich rasch einig, dass die Fahrzeugtypen unterschiedlichen Anforderungen genügen mussten. Frank Loacker, Chief Technical Officer der Designwerk-Gruppe, an der Volvo seit März 2021 mehrheitlich beteiligt ist, zeigt sich in Luzern mit dem Ergebnis zufrieden: «Dank der Installation von 900 kWh Batteriekapazität haben wir sowohl den kritischen Aktionsradius im Logistikbereich erreicht wie auch besonders energieintensive Anwendungen wie Schwer- und Spezialtransporte ermöglicht.»
Jeder der beiden «Futurica» kann mit einer Ladung von 900 kWh Batteriekapazität 500 km am Stück zurücklegen. Die Einheiten werden heute in 2,5 h aufgeladen – mit «Super-Chargern» künftig in 45 Minuten.
Der Staat genehmigt, die Wirtschaft nutzt
Die vollelektrischen Zugmaschinen benötigten für den Strasseneinsatz aber auch die behördliche Erlaubnis. Die Ausnahmegenehmigung des Bundesamtes für Strassen Astra umfasste schliesslich Fahrzeugmodelle von 1 m zusätzlicher Länge und 2 t mehr Gewicht – damit durch die vier Batterien hinter der Fahrzeugkabine nicht zu viel Laderaum aufgefressen wurde.
Die Batterien weisen eine Lebensdauer von über zehn Jahren auf und können zu 95% recycelt werden. Trotz des hohen Anschaffungspreises pro E-Sattelschlepper, der mit bis zu 600 000 CHF mehr als doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Lkw liegt, erleichtern u.a. die LSVA-Befreiung und der weniger aufwändige Unterhalt die Amortisation. Peter Galliker führt aus, wie es weitergeht: «Wir brauchen mehr Mitbewerber, die mitmachen.» Zur Zeit ist die Produktion von Designwerk mit acht Futurica pro Monat bereits ausgebucht, aber 2022 sollen pro Monat vierzehn neue E-Sattelschlepper vom Band rollen.