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  • Der Terminus in Nairobi.Die unmittelbar zu sanierenden Teilstrecken der MGR.

Von: Armin F. Schwolgin


Artikel Nummer: 35085

Die Doppel-Lösung?

In Kenia könnte in Kürze die von den Chinesen errichtete neue Normalspurbahn von der aus Kolonialzeiten stammenden Meterspurbahn Konkurrenz bekommen. Angesichts der schwierigen Lage der kenianischen Infrastruktur sind Gleisertüchtigungen willkommen.


 

In den letzten Jahren stand Afrika nicht gerade im Zentrum des Interesses. Dabei lohnt es sich, z. B. im ostafrikanischen Kenia den Fortschritt verschiedener Infrastrukturprojekte zu verfolgen – auch im zweigeteilten Eisenbahnsektor. Dieser besteht aus der neuen, von China finanzierten, gebauten und betriebenen Normalspurbahn (SGR) von Mombasa bis nach Nairobi und der aus der Kolonialzeit stammende Meterspur-Bahn (MGR).

 

 

Flachstellen auf der SGR

Seit der Inbetriebnahme der Standard Gauge Railway zwischen Mombasa und Nairobi im Jahre 2017, die von den Chinesen schlüsselfertig erstellt wurde, sind beim Umsatz und Ergebnis, um in der Eisenbahnersprache zu bleiben, erhebliche Flachstellen aufgetreten. Das Rumpeln betrifft den Güter- wie den Personenverkehr.

 

Die chinesische Betreibergesellschaft hat bisher fast doppelt so viel Betriebskosten als Umsatzerlöse eingefahren. Das Defizit muss Kenia ausgleichen. Hinzu kommt der Schuldendienst für die Kredite. Im schwierigen Jahr 2020 lag der Güterverkehr nur leicht unter Vorjahr. China wird wohl bald einer Nachverhandlung der Kredite zustimmen müssen. Ob es dafür (weitere) Sicherheiten verlangt und bekommt, bleibt abzuwarten.

 

 

Wiederbelebung der Meterspurbahn

Die Meterspurbahn (MGR) der staatlichen Kenia Railways (KR) geht auf das Jahr 1896 zurück. Die Gesamtlänge beträgt formal ca. 2778 km, wobei grosse Teile verfallen sind. Die alte Strecke vom Hafen Mombasa über die Hauptstadt Nairobi nach Kisumu am Victoriasee und Malaba an der Landgrenze zu Uganda stellt aber noch immer das Rückgrat des Netzes dar. Im Januar hat der Vorstandsvorsitzende der KR daran erinnert, dass nach Order des Präsidenten «das gesamte Eisenbahnsystem des Landes zu sanieren und betriebsfähig zu machen» ist. Die Projekte zur Wiederherstellung betreffen im Augenblick Teilabschnitte mit einer Gesamtlänge von 936 km.

 

Die Wiederinbetriebnahme des Bestandsnetzes erfolgt durch die China Road and Bridge Corporation, z. T. auch in Eigenregie. Dabei werden z. B. auf der Trasse Gilgil–Nyahururu 400 Jugendliche des National Youth Service und Soldaten der Kenya Defense Forces eingesetzt. Sie roden manuell den Bewuchs auf dem Bahnkörper und im Lichtraumprofil, setzen die Entwässerung des Bahndamms instand und verstärken das Gleisbett. Die Schotterung muss wegen der verwendeten Stahlschwellen manuell erfolgen.

 

Weitere Investitionen betreffen die Revision des Rollmaterials, das Leasing von Lokomotiven sowie die Errichtung von Tankanlagen und Stationen. Verzögerungen bei der Wiederherstellung des Altnetzes beruhen v.a. auf Vandalismus und Diebstahl. So wurden allein in Nakuru Anfang 2021 an einem Tag 400 Schienenbefestigungen und 13 Stahlschwellen entwendet. Sicherheitspersonal soll das Blatt wenden.

 

Angesichts der Unsicherheit über den Weiterbau der SGR von Nairobi bzw. Naivasha nach Uganda ist die Ertüchtigung der bestehenden MGR nach Kisumi und Malaba handelspolitisch und wirtschaftlich für Kenia, die Nachbarstaaten und auch für China wichtig. Die MGR könnte bei Speditionen und Verladern deutlich besser ankommen als das Angebot auf der SGR bis Nairobi.