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  • Kohlezüge von der russischen Grenze zum finnischen Hafen Pori.

Von: Jürg Streuli


Artikel Nummer: 30417

Kohle umfährt das Baltikum

Russland exportiert seine Kohle aus den sibirischen Abbaugebieten zunehmend via Finnland. Anstelle der baltischen Häfen kommen dafür Pori und Hangö zum Zug. Das wachsende Frachtvolumen auf der Schiene hat auch zur Folge, dass Finnland in die Eletrifizierung seiner Bahninfrastruktur investiert.


 

 

Wegen politischen Spannungen mit den baltischen Staaten sucht Russland nach Alternativen für den Kohleverlad auf Frachtschiffe. Der finnische Meerbusen nach St. Petersburg ist im Winter zugefroren. Zur Alternative wird immer mehr Finnland. Wie nach dem Baltikum behindert dort kein Spurwechsel den Lauf der Züge. Im russischen Lavna an der eisfreien Kola Bucht entsteht zudem ein Kohlehafen mit einer 46 km langen Anschlusslinie an die Murmanbahn. Die Häfen des Baltikums sollen somit für den Verlad der russischen Kohle entbehrlich werden.

 

 

Zwei Wochen unterwegs

Seit 2017 fahren täglich bis zu drei russische Kohlezüge von Nowosibirsk über 4700 km zum finnischen Pori am Bottnischen Meerbusen. Die Transportzeit der aus 40 vierachsigen Güterwagen bestehenden Züge beträgt etwa zwei Wochen. Vom ganzjährig offenen Tiefwasserhafen in Pori wird die Steinkohle aus Sibirien in Regie von Baltic Bulk Carriers nach Übersee bis in die USA verschifft. Im vergangenen Jahr waren es 1,5 Mio. t.

 

 

Nachschub für die Stahlindustrie

Seit Oktober 2019 rollen die russischen Kohlezüge zudem nach Hangö, der südlichsten Stadt von Finnland. Von hier fuhr einst die Güterwagenfähre von Railship nach Travemünde. Im Hafen von Hangö Koverhar wird die Kohle hauptsächlich für die Stahlindustrie nach Häfen in Europa umgeschlagen. Für 2020 wird mit derselben Menge wie in Pori gerechnet. Das sind zusammen etwa 220 Schiffsladungen oder 50 000 Eisenbahnwaggons und geplant ist die weitere Steigerung des Frachtvolumens. Im Juni hat die Regierung Finnlands die Elektrifizierung der Strecke von Hyvinge über Karis nach Hangö beschlossen. Der erste Spatenstich soll bereits Ende 2020 erfolgen. Die Baukosten sind mit 62 Mio. EUR budgetiert. Künftig verkehren die Kohlezüge auch in Finnland gänzlich elektrisch. Doch haben die auch des Nachts verkehrenden Züge aus Russland zu Klagen von Anwohnern wegen Vibrationen und Lärm geführt. Der Infrastrukturbetreiber Väylä führt die Vibrationen auf die Drehgestelle am Ende des Wagenkastens zurück und nimmt Messungen in betroffenen Häusern vor. Geprüft wird die örtliche Verringerung der Geschwindigkeit. Ohne Klagen läuft seit 2004 derselbe Güterwagen von Kostamukscha mit Eisenerz nach Kokkola.