Paukenschlag in Hamburg
Der Sturm um die Minderheitsbeteiligung von MSC an der HHLA flaut nicht ab. Dass sich die nordischen Häfen angesichts der europäischen Konkurrenz im Westen etwas einfallen lassen müssen, steht ausser Frage. Nachdem eine mögliche Kooperation zwischen den Terminalbetreibern HHLA und Eurogate direkt 2022 gescheitert war, müssen es nun Beteiligungen richten. Die grossen Reeder sind gut bei Kasse. Wird aber allein MSC Anteile der HHLA kaufen, wie vom Senat geplant?
Im sanguinischen Zeitalter ist Aufregung Programm. Der Wirbel, den allerdings die jüngste Entscheidung des Hamburger Senats ausgelöst hat, Anteile der HHLA an MSC zu verkaufen, übertrifft in seiner Heftigkeit bereits jetzt zahlreiche mentale Windhosen innerhalb der letzten Jahre.
Konkret geht es um einen Vorvertrag, den die Stadt Hamburg, die rund 69% der Anteil am börsennotierten Terminalbetreiber HHLA hält, mit der in Genf ansässigen Reederei MSC abgeschlossen hat. Künftig soll die HHLA, die nicht nur in Hamburg als Platzhirsch mit den Containerterminals Altenwerder, Burchardkai und Tollerort agiert, sondern auch in Tallinn und Odessa engagiert ist, in ein Gemeinschaftsunternehmen überführt werden. MSC soll daran über 49,9% der Anteile verfügen, die Stadt Hamburg mit 50,1% die Mehrheit behalten. Die Reederei bietet den freien Aktionären und Fonds derzeit (noch) 16,75 EUR pro Aktie.
Viel Erregung löste allein die Vorgehensweise de Senats aus. Bis der chine-sische Reederei- und Logistikkonzern Cosco über ein Tochterunternehmen die Minderheitsbeteiligung von 24,99% am Terminal Tollerort im Juni diesen Jahres erwerben konnte, hatte das Thema zwei Jahre geschwelt und in Deutschland die nationale Kabinettsebene erreicht, die die ursprünglich geplante Beteiligung von 35% deutlich verringerte. Der nunmehr getroffene Deal von erheblich grösserem Umfang ist dagegen in aller Stille vom Senat verhandelt und vorbereitet worden.
Viele Verprellte
An Kandidaten für einen Einstieg bei der HHLA hat es allerdings international wie national nie gefehlt. Nach Rolf Habben Jansen, CEO von Hapag-LLoyd, hatte es mehrere Anläufe seitens der Reederei mit Heimvorteil gegeben, sich an der HHLA zu beteiligen. Die letzten Gespräche und konkrete Vorschläge zur Übernahme von Hapag-Lloyd habe es zu Jahresbeginn 2023 gegeben.
Selbst der zurückhaltende Niederländer machte kein Hehl daraus, dass er verschnupft ist – allein die Erwähnung von Bremerhaven und Wilhelmshaven in der Region als Alternativen für Ladungsflüsse ganzer Allianzen machen die Stimmungslage bei der grössten deutschen Reederei deutlich.
Es hatte sich weiterhin die französische CMA CGM über Jahre um eine Beteiligung an der HHLA bemüht. Genau so liegt der Fall bei Klaus-Michael Kühne, nicht nur ein Grande der Branche, sondern auch Hamburger mit Leib und Seele. Nach Presseberichten hofft er nun, dass der Vorvertrag mit MSC «noch korrigierbar ist».
Seine alternative Idee hat eine Phalanx von Beteiligungen verschiedener Reedereien an mehreren Terminalbetreibern, neben HHLA auch Eurogate, ins Gespräch gebracht. Auch deren Inhaber Thomas Eckelmann will dem Hamburger Senat einen Gegenvorschlag präsentieren.
Alternativen und Zusatzpläne
Da auch Teile der Belegschaft der HHLA gegen die MSC-Beteiligung Front machen, ist der Abschluss des Deals noch nicht ausgemachte Sache – auch wenn die Schweizer Reederei Senat wie Belegschaft Zusicherungen gemacht hat.
Experten vor Ort haben weitere Ideen. Aus gut unterrichteten Kreisen wurde z.B. «ein Anteilstausch weg vom Container Terminal Altenwerder hin zum Burchardkai mit einer gleichzeitigen Aufstockung der Beteiligung» vorgeschlagen. Als Nebeneffekt dieser Massnahme würde dank veränderter Route der ULCV von Hapag-Lloyd im Hafen die avisierte Erhöhung der Köhlbrandbrücke vermieden.
Im intermodalen Zusammenhang wird noch ein weiterer Faktor gesehen – die Konkurrenz zwischen den Eisenbahntöchtern Medway von MSC und Metrans der HHLA. Als grosser Eisenbahnhafen, den jeder zweite Container auf der Schiene erreicht oder verlässt, hat Hamburg eine Schlüsselrolle in Europa. Medway, erst in einigen Ländern tätig, könnte ihre Position dank MSC vor Ort erheblich ausbauen.