«Über den Erwartungen»
Im Gespräch mit Christian Heimburger, Vorstandsvorsitzender von Lyon Terminal.
Vom Rhein zur Rhône. Der gebürtige Elsässer Christian Heimburger ist seit über 30 Jahren in Lyon, wo er vor drei Jahren die Führung von Lyon Terminal übernommen hat. Die Tochtergesellschaft der Compagnie nationale du Rhône (CNR) verfügt im Hafen Lyon über zwei je 10 ha grosse Terminals, an denen Güter zwischen Binnenschiffen, Eisenbahnen und Lkw verschoben werden.
Herr Heimburger, Sie sind schon lange mit Lyon ver- und in Lyon Terminal eingebunden. Bitte ordnen Sie die letzten 20 Monate in Ihre Chronologie ein.
Das Jahr 2020 war ein schwieriges, aber nicht katastrophales Jahr. Selbst als die Geschäftstätigkeiten während des landesweiten Lockdowns zurückgingen, waren unsere beiden Terminals zu keinem Zeitpunkt geschlossen.
Gegen Ende des Sommers 2020 zog das Geschäft wieder an. Das hat sich seitdem fortgesetzt, auch wenn wir noch nicht ganz die präpandemischen Volumina erreicht haben, womit wir aber bald rechnen. Das Jahr 2021 stellt uns eher zufrieden und liegt sogar über den Vorhersagen. Ich bin froh über die Professionalität, die unsere Belegschaft an allen Fronten – Gesundheit, Sicherheit, wirtschaftliche Lage – an den Tag gelegt hat.
«40% über dem Vorjahr»
Können Sie dazu ein paar Zahlen nennen?
Wie es heute aussieht, werden wir bis Jahresende auf 70000 TEU kommen, die auf dem Wasser über Lyon Terminal gehen, und 67000 TEU per Schiene. Als einzige Drehscheibe in der Region, die alle drei Transportmodi bedient – Binnenschifffahrt nach Marseille sowie Bahn nach Marseille und Richtung Norden mit Weiterverteilung per Strassentransport –, werden wir insgesamt ca. 275000 TEU zählen. Das sind ungefähr 28000 weniger als 2019, aber seit Juni 2021 liegen unsere Volumina über ein Viertel über den ersten Monaten des Jahres und 40% über dem Vorjahresvergleichswert. Und diese Tendenz sollte sich 2022 fortsetzen.
Wie spürt Ihre Drehscheibe die aktuelle Verstopfung der Seehäfen?
Wir sehen uns als letztes Stück der maritimen Lieferkette. Von daher leiden wir natürlich direkt unter den Staus in den Seehäfen. Wenn die Binnenschiffe weniger regelmässig rhôneaufwärts fahren, macht das in der Folge die Planungen unserer täglichen Abläufe komplizierter.
Mit welchen Mitteln geht Ihr Unternehmen dagegen an?
Wir versuchen, die Vorgänge so flexible wie möglich zu gestalten. Dazu können wir uns einerseits auf unser eigenes Personal verlassen, und andererseits gestalten wir die Beziehungen zu den einzelnen Betreibern so flüssig wie möglich. Bei einer Plattform wie unserer ist es entscheidend, dass sämtliche Glieder der Logistikkette effizient zusammenarbeiten und den Herausforderungen mit gemeinsamen Antworten begegnen.
Ein Mittel, die Effizienz in der Logistik zu steigern, ist ja die Digitalisierung der Dienstleistungen. Wie steht es damit?
Die Digitalisierung ist eine strategische Frage, die auch auf die operationelle Leistung einwirkt. Auch hier geht es darum, dass alle an einem Strang ziehen: an den Terminals, aber auch den angeschlossenen Etappen, wie dem Zoll. Hier hinterfragen wir uns unablässig und versuchen, die Entwicklungen vorwegzunehmen.
Welche aktuellen Projekte fallen unter das Schlagwort «Nachhaltigkeit»?
Neben der zusammen mit der CNR, der französischen Wasserstrassenverwaltung (VNF) sowie Stadt und Metropolregion Lyon gestellten Frage, wie wir die letzte Meile umweltgerecht gehen können, nenne ich gleich zwei: So sind wir derzeit dabei, elektrische Anschlüsse auf den Kais zu installieren, an denen die Schiffe direkt – grünen – Strom beziehen; desweiteren rüsten wir unseren Fuhrpark um und setzen wasserstoffbetriebene Traktoren ein.
«Neue Bahnverbindungen»
Nochmals zurück auf die Schiene: Wie entwickeln sich die Verbindungen?
Die Bahnverkehre sind im Wachstum begriffen. Seit Jahresbeginn wurden die Frequenzen zwischen Bettembourg (Luxemburg) und Lyon Terminal erhöht. Letztes Jahr wurde vom belgischen Operateur Lineas eine neue Linie von und nach Antwerpen eingerichtet. Und dann haben wir dieses Jahr eine weitere Verbindung von Naviland zwischen Marseille-Fos und Lyon eingeweiht, die jene von Novatrans/Greenmodal ergänzt.
Die Beziehungen mit diesen Operateuren sind konstant und haben das Ziel, die Servicequalität zu verbessern.
Sie waren im September auf der Sitl in Paris. Mit welchen Eindrücken kamen Sie zurück?
Erst einmal war es gut, Beziehungen zu knüpfen oder aufzuwärmen. Die Veranstaltung hat die Resilienz der Branche aufgezeigt und das Gefühl vermittelt, die schwierigsten Wochen des letzten Jahres hinter uns gelassen zu haben. Die Stimmung war gut, und die Dynamik wurde noch durch die zeitgleiche Ankündigung der französische Regierung verstärkt, den Gütertransport per Bahn zu fördern.