News

  • Viel kostbarer Raum zur Entwicklung am London Gateway.

Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 35075

Vor Londons Toren

In einem Konzern geht man bisweilen weite Wege. Der Niederländer Ernst Schulze ist im September 2019 für DP World von Ecuador als Geschäftsführer nach Grossbritannien gewechselt. Er sprach mit Christian Doepgen über die Entwicklung der Häfen und Logistikparks sowie intermodale Projekte.




Ihr Weg innerhalb von DP World hat sie von Lateinamerikas Küsten zu den Klippen von Dover geführt. Wo liegt der grösste Unterschied?
Das Wetter ist sehr verschieden [lacht]. Aber in den 60 Ländern, in denen DP World vertreten ist, verbindet uns die Vision, den Handel zu fördern und Wachstum zu erzielen. Natürlich leben wir unsere Prinzipien nach der jeweiligen Kultur vor Ort und gehen mit zahlreichen lokalen Partnern Joint Ventures ein.


Grossbritannien wird von DP World als besonders wichtig eingestuft, was sich an den Investitionen von 2 Mrd. GBP in den letzten zehn Jahren ablesen lässt. Weitere 1 Mrd. GBP sollen bis 2030 fliessen. 2019 haben wir mit landesweit etwa 1000 Mitarbeitern in Southampton 1,9 Mio. TEU und am London Gateway etwa 1,6 Mio. TEU umgeschlagen. Wir gehen für 2020 von etwa den gleichen Volumina aus.

 


Ihr erstes Jahr als CEO in Grossbritannien stand im Zeichen von Covid-19. Wie hat sich die Geschäftstätigkeit verändert?
Die Pandemie dauert weiter an, aber wir sind von Beginn an gut zurechtgekommen. Anfang 2020 hatten wir unseren Reaktionsplan entwickelt: Mitarbeiter schützen, Richtlinien umsetzen und kreativ bleiben. Viele Menschen hängen von uns ab, wir transportieren Werte von 43 Mrd. GBP pro Jahr. Es läuft eine grosse Anzahl von Einzelprojekten zur Effizienz- steigerung wie z.B. die neue Grenz- abfertigung in Southampton.

 

 


Es bleibt vielerorts kompliziert. Ist der gemütliche Beginn des Brexit vorüber? Was erwarten Sie für das Jahr 2021?
Bei DP World liegen 85 bis 90% des Geschäfts ausserhalb von EU-Staaten. Dennoch haben wir uns vorbereitet, u.a. durch neue Mitarbeiter, mehr Lkw-Stellflächen sowie unsere neue digitale Einheit zur raschen Grenzabfertigung Beems (Border Entry and Exit Movement Service). Hier fliessen ebenso viele Daten in Echtzeit zusammen wie auf unserer digitalen Plattform CNS. Die Kunden nehmen diese Angebote rege an.



Überlastung ist ein grosses Problem, auch in Grossbritannien. Wie haben Sie die Kapazitätsfragen gelöst?
Aktuell arbeiten wir an der Kapazitätsgrenze. Nach dem Rückgang im 2. und 3. Quartal 2020 sind die Volumina unentwegt gestiegen. Seit August haben wir unsere Schulungen verstärkt, etwa 40 neue Mitarbeiter rekrutiert und unsere Stellflächen für Leercontainer um ca. 8000 TEU erhöht. So bleiben wir im Einsatz verlässlich.


Die Standortentwicklung des London Gateway Logistics Park ist ein zentrales Thema. Wer siedelt sich nach DHL, Compagnie Fruitière und Britannia Bureau als nächstes Unternehmen an?
Es ist viel passiert, und von den 186 ha Fläche sind bislang etwa 30% belegt. Die Nachfrage angesichts unseres Standorts vor den Toren des Grossraums London bleibt gross. Allein 2020 konnten wir ca. 335 000 m2 an Fläche vermieten. E-Commerce ist ein Treiber, aber auch Perishables. So laufen inzwischen 95% der Zitrus- exporte aus Südafrika über uns. Unser hafenbezogenes Angebot funktioniert.

 

 


Wie werden sich die Häfen entwickeln?
Wir wollen die Kapazitäten schrittweise erhöhen. Ab 2021 investieren wir in neue Liegeplätze und Kais 300 Mio. GBP, Vertiefungsarbeiten für Megaschiffe kommen hinzu. Das sind alles Investitionen, um für die Grössenordnung der Zukunft bereit zu sein. Was wir bereits heute können, haben wir im Juni 2020 mit der Abfertigung des bislang grössten ULCV, der HMM Algeciras mit etwa 24 000 TEU Kapazität, bewiesen.

 

 


Hinterlandverbindungen sind Trumpf. Wie steht es bei DP World in Grossbritannien mit dem modalen Split?
 Etwa 30% der Fracht wird von uns auf der Schiene befördert – das macht im Jahr 300 000 Lkw weniger auf der Strasse mit entsprechend geringeren CO2-Emissionen. Auf der Schiene ist noch Kapazität vorhanden, aber die Effizienz bemisst sich auch an der Zusammenarbeit mit Partnern. Hier können wir mit intermodalen Operateuren noch viel erreichen.

 

 


Zur Binnenschiffahrt: Wie steht es um das Projekt Thames’ Freeport?
Hier bestehen grosse Möglichkeiten! Die öffentliche Ausschreibung für zehn Freihäfen an der Themse ist am 5. Februar abgeschlossen – und DP World wird dabei sein. Wir erhalten viel Unterstützung von den Gemeinderäten, denn durch die Entwicklung rechnet man mit regional 20 000 neuen Arbeitsplätzen. Wir bringen unsere Expertise, unsere Anlagen und bis 3 Mio. m2 Flächen ein. Mit dem Binnenschiff können wir sowohl logistisch als auch ökologisch etwas bewegen.
 

 


Wie steht es mit der Digitalisierung?
Wir implementieren laufend smarte Logistiklösungen. So setzen wir u.a. das Tracking-Tool «Wo ist mein Container?» ein, dass dem Kunden Daten in Echtzeit liefert. Diese technologische Entwicklung aus Dubai wurde hier adaptiert. Sie sehen: DP World hat in Grossbritannien eine Erfolgsgeschichte zu erzählen.