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  • Das Schlimmste kommt erst noch. (Foto: istock/smartin69)

Von: Bob Jaques


Artikel Nummer: 37970

Eklatanter Fahrer-Mangel


Dem Lkw-Fahrermangel setzen die Briten u.a. verkürzte Testverfahren entgegen. Dennoch führen Engpässe nicht nur zu leeren Regalen und Tankstellen, sondern auch zu Konsolidierungen der Logistikbranche.


Die Störung globaler Lieferketten sowie der europaweite Mangel an Lkw-Fahrern im Strassengüterverkehr wirken sich in Grossbritannien besonders gravierend aus, gekoppelt mit dem Brexit-Effekt und dem Status als Inselstaat, der stark von seinen Häfen abhängig ist. Dies hat zu einer auch in der nationalen Presse offen als «Krise» bezeichneten Situation geführt.

Verzögerungen in der Containerschifffahrt und der weltweite Mangel an Leercontainern wurden durch ein von Kurzarbeit und Quarantäne reduziertes Hafen-Personal weiter verschärft, was zu starken Staus und grossen Verzögerungen bei der Lkw-Planung führte..


Das steigende Delta


Darüber hinaus sind laut einer Umfrage der UK Road Haulage Association (RHA) unter den 600 000 derzeit in Grossbritannien dringend benötigten Arbeitskräften schätzungsweise 100 000 Lkw-Fahrer. Infolgedessen haben eine Reihe führender Einzelhändler bereits Lücken in ihrem Sortiment oder in ihren Dienstleistungen gemeldet.

Die durch den Mangel an Lkw-Fahrern verursachten Störungen in Grossbritanniens Versorgungslage haben sich zuletzt verschärft, wobei Tankstellen ohne ausreichend Kraftstoff die Hauptlast des Problems zu schultern hatten, kombiniert mit „Panikkäufen“ durch die breite Öffentlichkeit. Viele Tankstellen hatten keinen Treibstoff mehr und mussten vorübergehend schliessen.

Teil des Problems ist die gestiegene Bürokratie bei der Einfuhr von Waren, seit Grossbritannien am 1. Januar 2021 den Binnenmarkt und die Zollunion der Europäischen Union endgültig verliess. Doch auch hier zeigt sich noch nicht die volle Wirkung, da London Verzögerungen bei der Umsetzung der vollständigen Voranmeldung von Einfuhren verschiedener Waren aus der EU aufgrund der aktuellen Engpässe zugelassen hat.

So wurde beispielsweise die Voranmeldung für die Einfuhr von Agrarerzeugnissen bis 1. Oktober ausgesetzt und nun auf den 1. Januar 2022 verschoben, an dem vollständige Grenzkontrollen für alle Importe in Kraft treten werden.


Fahrer verzweifelt gesucht


Um die Abwanderung von Fahrern aus den EU-Ländern nach dem Brexit umzukehren, kündigte Premierminister Boris Johnson kürzlich an, dass 5000 Fahrer von Tankwagen und Lebensmittel-Lkw vorübergehende Einwanderungsvisa erhalten. Inzwischen hat die britische Regierung auch fast eine Million Briefe an pensionierte britische Fahrer mit Lkw-Führerschein mit der Bitte um Wiedereinstieg geschickt, und gleichzeitig höhere Löhne bei Transportunternehmen empfohlen.

Tatsächlich hatte die Regierung vorher bereits Schritte unternommen, um die Ausbildung  britischer Lkw-Fahrer zu erleichtern, indem sie jedes Jahr bis zu 50 000 weitere Lkw-Fahrprüfungen durch Einführung eines Schnell-Verfahrens bereitstellt, bei dem die Fahrer eine Prüfung sowohl für Lkw als auch für Sattelschlepper ablegen müssen – statt separat wie bisher. Ausserdem werden die Tests verkürzt, indem die Module «Rückfahrübung» bzw. bei Fahrzeugen mit Anhängern «Ab- und Ankuppeln» entfernt und separat von Dritten geprüft werden müssen.

Autofahrer müssen auch keine weitere Prüfung für den Zug von Anhänger oder Wohnwagen zmehr ablegen, wodurch die Prüfer mehr Zeit für die Durchführung von Lkw-Prüfungen gewinnen. Die für diese Änderungen notwendigen neuen Gesetze ändern bisherige EU-Regelungen, was zur Zeit der britischen EU-Mitgliedschaft noch nicht möglich gewesen wäre – einer der bisher wenigen Vorteile des Brexits für Grossbritannien in Handels-Angelegenheiten.


Konsolidierung auf dem Vormarsch


Inzwischen hat mit der Übernahme des Spediteurs John Good Logistics durch die diversifizierte J.& J. Denholm-Gruppe – mit Beteiligungen in den Branchen Schifffahrt, Logistik, Meeresfrüchte und Industriedienstleistungen – eine bedeutende Konsolidierung der britischen Speditions- und Transportbranche stattgefunden.

Beide Player betreiben ein hafenorientiertes Geschäft, wobei Denholm in Glasgow an der Westküste Schottlands ansässig ist und John Good sich auf Aktivitäten in Felix-stowe im Südosten Englands konzentriert.




 

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