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  • Mit und für Wasserstoff sicher in die Zukunft? (Fotos: H2 Clipper Inc/iStock/yokaew)

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 39566

«Pipeline am Himmel»

Wasserstofftransport per Luftschiff.


Luftschiffprojekte, deren Ziel es ist, schwere Ladungen in unwegsames Gelände zu transportieren, sind nicht neu. Ein kalifornisches Unternehmen geht noch einen Schritt weiter und will die Disruption unserer auf fossilen Treibstoffen ruhenden Wirtschaft befeuern.

Etwas mus H2 Clipper richtig gemacht haben. Das Start-up aus Santa Barbara, das 2012 sein erstes Patent angemeldet hat, wurde im Dezember von Dassault Systèmes eingeladen, an seinem 3D-Experience Lab Accelerator Program teilzunehmen. Das gibt Auftrieb: Nun sollen über 100 Ingenieure eingestellt werden, die einen auf 40% der Originalgrösse angelegten Prototypen ihres Luftschiffes entwerfen. Der soll in zwei Jahren Testflüge durchführen und Grundlage für das erste flugfähige Luftschiff 2027 sein.

Das Beste aus zwei Welten
«Die Dimensionen eines echten H2 Clipper-Luftschiffs sind 300 m Länge und 60 m Durchmesser. Mit dieser Grösse kann es 170 bis 255 t Fracht mit einer Geschwindigkeit von 280 km/h bis zu 10000 km weit transportieren», erklärt Robert H. Shelton, VP for Administration, dem ITJ. Wie bei anderen Luftschiffprojekten verbindet H2 Clipper die Kostenvorteile des maritimen (vier- bis fünfmal günstiger als Flugzeuge) mit den Geschwindigkeitsvorteilen des Lufttransports (sieben- bis zehnmal schneller als Schiffe). Neu ist, was der Firmenname andeutet: Dieses Projekt setzt komplett auf Wasserstoff und wirbt mit keinerlei Treibhausgasemissionen.


Wasserstoff soll seine sieben Brennstoffzellenmotoren auf zusammen 33000 PS hochschrauben und das Luftschiff überhaupt in die Höhe bringen. «Das Traggas, über 400000 m3, befindet sich in Gaszellen oberhalb des Frachtbereichs und füllt den überwiegenden Teil des Innenraums des Exoskeletts», präzisiert Shelton. Der 7150 m3 grosse Frachtraum – beim Airbus Beluga XL sind es 2200 m3 – ist über ein Tor zugänglich, dessen Durchmesser von 17,6 m (Beluga: 8,8 m) die Ladung sperriger Güter vereinfacht. Doch seine wirkliche Berufung sieht H2 Clipper im Transport von Wasserstoff zwischen den künftigen Kraftwerken und den Hauptabnehmern der Engergiequelle der Zukunft. Mit Rotationen, etwa von der saudischen Zukunftsstadt Neom, die täglich 500 t grünen Wasserstoff prodzieren will, und europäischen Metropolen, liesse sich geradezu eine «Pipeline am Himmel» bauen.

H2-Luftschifffahrt hat Balken
Wasserstoff nicht nur zu transportieren und als Treibstoff, sondern auch als Traggas – statt der endlichen Ressource Helium – zu nutzen, ist momentan noch kein Mittel, die Luftschifffahrt wieder zum Leben zu erwecken. Unter dem Eindruck der grossen Katastrophen von LZ 114 (Dixmude) vor 99 Jahren und der ins kollektive Gedächtnis eingebrannten Hindenburg-Explosion 1937 darf es derzeit weder in den USA noch in den meisten Ländern der Welt als Traggas verwendet werden. Bei H2 Clipper gibt man sich jedoch optimistisch und geht davon aus, dass die US-Luftverkehrsbehörde FAA mittelfristig die Fortschritte der Technik in Sachen Sicherheit gegenüber den 1920er- und 30er-Jahren anerkennen wird. Haben sich nicht längst schon frühere Bedenken gegenüber dem Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff auf Strasse, Schiene und Wasser in Luft aufgelöst?

 

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