Mittlerer Korridor – aus der Nähe
Im Gespräch mit Nikolaus Kohler, bei Militzer & Münch Regionalmanager für Mittelost und Zentralasien. Der Mittlere Korridor ist in aller Munde. Allerdings reissen die Schwierigkeiten auf den Strecken nicht ab, da die Verkehrswege nicht durchweg ausgebaut und Sanktionen gegenüber Russland und dem Iran beim Güterverkehr zu beachten sind. Dass und wie es doch funktioniert, erläuterte Nikolaus Kohler von Militzer & Münch Christian Doepgen im Gespräch.
Geht in Osteuropa, Kaukasus und Zentralasien angesichts der aktuellen Sanktionen überhaupt noch etwas? Nikolaus Kohler, als Mitglied des Gruppen-Managements von Militzer & Münch für die Regionen Mittlerer Osten und Zentral-asien zuständig, kann das bejahen: «Die Ware sucht sich ihren Weg, Wegweiser ist der Spediteur.»
Die Volumina sind zwar gesunken, aber die vorhandenen Kapazitäten in der Region voll ausgelastet, denn sie werden stark genutzt und zu teilweise hohen Preisen gebucht. Die Kunden sind aufgrund der bekannten Engpässe flexibler und der Austausch ist intensiv, da die Compliance angesichts der Sanktionen eine gesteigerte Bedeutung hat.
«Fast jeder Auftrag bedarf heute einer separaten Planung», berichtet Kohler. Ein Beispiel: «Einige Ladungen aus dem Baltikum mussten wir über die Türkei nach Georgien verschiffen, von dort per Bahn über Aserbaidschan, per Fähre auf dem Kaspischen Meer nach Kasachstan und per Lkw bis zum Zielort an der kasachisch-russischen Grenze, da wir Russland umfahren mussten.»
Die Schienen- und Strassenroute durch den Kaukasus nach Zentralasien ist für europäische Verlader als Alternative attraktiv.
An neuen Vorhaben in der Region fehlt es nicht. So ist seit Jahrzehnten der Blockzug auf der Strecke zwischen dem aserbaidschanischen Baku und dem georgischen Hafen Poti im Gespräch. Der Mittlere Korridor hat aber insgesamt noch eine zu gering ausgebaute Infrastruktur.
Ob es nicht mühsam sei, ständig neue und unerprobte Routen finden zu müssen? «Ich habe selten so viel Spass an der Arbeit gehabt wie heute», verneint Kohler, und fährt fort: «Bei vielen Anfragen mache ich erst einmal Google Maps auf.» Gelernte Spediteure schätzen weiterhin die Herausforderung des Neuen.