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Von: Claudia Behrend


Artikel Nummer: 51750

500 Mio. EUR/Jahr

Hoffnungen und Forderungen der deutschen Seehäfen. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) plädiert für eine ambitioniertere Hafenpolitik in Berlin und erhöht die Forderung nach finanzieller Unterstützung durch den Bund. ITJ-Korrespondentin Claudia Behrend berichtet von der Jahrespressekonferenz.


«Wir befinden uns nun schon seit einigen Jahren in wirtschaftlich und vor allen Dingen auch geopolitisch herausfordernden Zeiten, was sich wieder in den Umschlagszahlen niederschlägt», berichtete Angela Titzrath, Präsidentin des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), anlässlich der Jahrespressekonferenz Ende November in Hamburg.

 

«Konkret wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 an den deutschen Seehäfen 136,29 Mio. t an Gütern umgeschlagen, im Vergleich zu 136,24 Mio. t im Vorjahreszeitraum», so Titzrath weiter. Die Aussagekraft des Gewichts gegenüber dem tatsächlichen Umschlaggeschäft sei jedoch begrenzt.

 

Im Containergeschäft wurden 6,5 Mio. TEU umgeschlagen – ein Plus von 3,3% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dieses Wachstum könnte als leicht positives Zeichen insbesondere für die Konsumnachfrage gewertet werden. «Man muss aber auch berücksichtigen, dass wir 2023 das schlechteste Jahr seit zwei Jahrzehnten hatten», räumte Titzrath ein.

 

Noch mehr Sorgen als die konjunkturelle Lage bereiteten dem ZDS die politischen Entwicklungen. «In vielen Ländern beobachten wir einen Rückfall in den Protektionismus und die Rückorientierung auf vermeintliche nationale Stärke», so Titzrath. «Auf lange Sicht verlieren Wirtschaftsräume, die sich abschotten, immer. Leichtfertig verhängte Sonderzölle, wie aktuell gegenüber E-Autos aus China, schaden der eigenen Wirtschaft immens. Im Gegenteil gilt es und neue Freihandelsabkommen voranzutreiben, etwa mit Indien und Lateinamerika.»

 

Abschottung und Infrastruktur

 

Ein innenpolitisches Hemmnis sei die Verkehrsinfrastruktur. «Wir können uns keine Politik leisten, die den gesellschaftlichen Wert einer Sache erst dann erkennt, wenn sie nicht funktioniert. Das gilt besonders für die deutschen Seehäfen», stellte Titzrath heraus: «Wir pachten die Flächen und investieren in Beschäftigte, Krane, Fahrzeuge, Gebäude und IT-Systeme.»

 

Die Hafeninfrastruktur im engeren Sinne sei aber v.a. in staatlicher Hand bei den Küstenländern und in kommunaler Verantwortung. Nur seien diese mit den Anforderungen der Zukunft finanziell überfordert, zumal die Häfen eine bundesweite Rolle spielten.

 

Der Bund müsse sich daher stärker engagieren. «Unsere Erwartung ist, dass künftig 500 Mio. EUR pro Jahr vom Bund an die Länder zur Grundfinanzierung der Seehäfen fliessen», sagte Titzrath. Das müsse sich auch im Koalitionsvertrag einer neuen Bundesregierung im Frühjahr wiederfinden.

 

«Ob 500, 550 oder 450 Mio., es spielt fast keine Rolle», ergänzte ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. Es müsse einfach deutlich mehr Geld in das System fliessen, etwa in die öffentliche Infrastruktur wie Flächen, Zuwegungen, Wasserflächen und Kaimauern.

 

Für die Gegenfinanzierung denkbar seien, so der ZDS, die Einnahmen durch Zertifikatehandel für Emissionen in der Seeschifffahrt und die teilweise Nutzung der Erlöse aus der Versteigerung der Flächen für die Offshore-Windenergie. Zur Grundfinanzierung kämen die Investitionskosten für den Neubau von Hafenanlagen hinzu. Titzrath: «Diese brauchen wir insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende, etwa für den Umschlag von Windenergieanlagen und den Import von grünem Wasserstoff.»

 

 

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