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Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 46504

«Fast 5000 aktive Luftfrachtcontainer»

Wie ein US-amerikanisches Speditionsunternehmen am Euroairport Basel punktet. Die Pionierphase ist bestanden. In Basel hat AIT Worldwide nach seinem Start am Euroairport (EAP) im September 2021 aus einem Trio in der Luftfracht inzwischen eine Einheit von weit über 30 Mitarbeitern aufgebaut. Mit Patrick Preikschat, der als VP den Bereich Life Sciences Europe verantwortet, und Giovanni Nardiello, VP Schweiz, sprach Christian Doepgen im Cargo Terminal des Flughafens Basel.


Herr Preikschat, Herr Nardiello, Sie haben AIT Worldwide als Player am Euroairport von Grund auf neu aufgebaut. Wie liess sich der Start an?

Nardiello: Wir haben in den ersten vier Monaten seit dem September 2021 u.a. mit dem Aufbau des Qualitätsmanagements, den GDP-Audits und Schulungen die praktische Basis für das Geschäft geschaffen. Dabei haben wir von Anfang an darauf gesetzt, ausschliesslich digitale Prozesse einzuführen.

Preikschat: Wir konnten rasch ein Team aufbauen, das zu 90% aus Kollegen mit Luftfracht-Erfahrung besteht. Nur so war der schnelle Start möglich.


Wie sind Sie in der Schweiz aufgestellt?

Nardiello: Wir unterhalten heute neben dem EAP operative Standorte in Münchenstein, Zürich und Balerna.


Und welche europäische Dimension hat das Geschäft?

Preikschat: Drei Mitarbeiter sind ausschliesslich für das Routing im europäischen Raum zuständig. Die für unsere Fracht wichtigsten Flughäfen, über die wir Güter lenken, sind Frankfurt, München, Paris, Amsterdam, Mailand und Zürich. Natürlich fallen auch viele weltweite Verkehre an.


Wie bauten Sie Ihren Kundenstamm auf?

Nardiello: Das ist in unserer Nische ein komplexer Prozess, denn es gehört viel dazu, eine geprüfte Geschäftsbeziehung auf die Beine zu stellen. Wenn allerdings die technischen und qualitativen Vereinbarungen entwickelt, auditiert und genehmigt sind, geht es schnell.


Wie sieht die geschäftliche Praxis aus?

Preikschat: Der Kunde ist heute direkt in die Steuerung der Abläufe eingebunden. Wir arbeiten über die Plattform «Validate» zusammen, auf der Verlader wie Anbieter Zugriff haben. So kann der Kunde im Rahmen einer Risikobewertung einer Route z.B. selbst bestimmen, welche Transitpunkte er bevorzugt. Die Wahlmöglichkeiten sind gross. Wir sagen dazu: Chicago ist nicht immer Chicago.


«Der Kunde ist heute direkt in die Steuerung der Abläufe eingebunden.»


Auf welcher Basis wird entschieden?

Preikschat: Die Analyse erfolgt auto-matisch aufgrund umfassender Erfahrungswerte und aktueller Vorhersagen. Wichtig ist natürlich auch, welche Verpackung der Kunde angesichts der klimatischen Bedingungen wählen möchte. Zugrunde liegen auch die Auflagen von Swissmedic, FDA und WHO, so dass der Kunde auf der Basis umfassender Informationen selbst bestimmen kann.


Welchen Stellenwert nimmt z.B. im Versand von Pharma die Verpackung ein?

Preikschat: Das ist natürlich ein zentraler Parameter für den sicheren Versand hochsensibler Ware z.B. aus dem Pharma- oder Biotech-Segment.

Nardiello: Wir sind einer der wenigen neutralen Spediteure, die sämtliche Verpackungs-Lösungen anbieten können.


Wie sieht die genaue Bandbreite der Verpackungslösungen aus, die Sie anbieten?

Preikschat: Die Liste ist lang. Alles in allem können wir Verpackungen in ca. 38 Grössen für jeweils drei bis fünf Temperaturstufen anbieten. Damit sprechen wir von über 130 möglichen Variationen, die wir auf Lager haben. Unsere Liste bieten wir dem Kunden in 3D-Visualisierung an, so dass er sämtliche Möglichkeiten durchspielen kann.

Nardiello: Wenn Sie sich vor Augen führen, dass z.B. jede dritte Sendung im Life Sciences-Segment Tiefkühlfracht ist, können Sie ermessen, dass wir mit unseren Kunden im ständigen Beratungsprozess stehen. Datalogger, Monitoring und Live Tracking gehören zu unseren Dienstleistungen dazu.


A propos Lager: Wie handhaben sie die Mengen an Verpackungsmaterial?

Preikschat: Wir haben seit März 2022 Zugriff auf ein Lager mit 2100 m2 Fläche, das nur 10 km vom Flughafen entfernt in Schönenbuch liegt. Hier lagern das Verpackungsmaterial und die austauschbaren Kühlelemente in 15 Reefer-Containern vor Ort. Die Vorbehandlung für jede Kühlstufe ist somit gewährleistet.

Nardiello: Es sind unterschiedlichste Kühlboxen verfügbar, so z.B. die vakuumisolierten Gebinde von Vaqtec, deren Handling in der Schweiz vollständig über uns läuft. Fünf Personen vor Ort sorgen für alle Dienstleistungen, von der Vorprüfung der Verpackung bis zur Reinigung der Container. Über einen täglichen Shuttle-Service trifft die verpackte Ware innerhalb von 15 bis 20 Minuten am Flughafen ein. Dieses Angebot ist z.B. für sensible Güter wie DNA-Proben für Stammzellentherapien wichtig.


«Wir bewegen etwa 7000 Boxen und ca. 3000 grössere Gebinde pro Jahr.»


Von welcher Grössenordnung sprechen wir im dritten Jahr Ihres Geschäfts?

Preikschat: Wir bewegen etwa 7000 Boxen und ca. 3000 grössere Gebinde pro Jahr. Insgesamt verfügen wir über ca. 5000 aktive Behälter, u.a. Envirotainer und C Safe, d.h. steuerbare Einheiten mit Sensoren. Wir dürfen sagen, dass wir hierin einer der grössten Player vor Ort sind.


Welche Verkehrsträger für welche Güter nutzen Sie heute?

Nardiello: Das Geschäftsfeld hat sich zunehmend ausdifferenziert und verlangt seine Bandbreite. Während wir heute z.B. im Import zu ca. 70% Pharmaprodukte und 30% Stückgut abfertigen, dominieren im Export Biotech-Güter. Wir bieten neben der zentralen Luftfracht zusätzlich Lösungen zur See und auf der Strasse an, die Schiene ist dagegen eine Ausnahme.


Zurück zum binationalen EAP: Wie haben Sie Platz im Frachtterminal erhalten?

Preikschat: Dazu haben wir die Grenze verlegt, denn die 21’000 m2 Fläche des 2015 eröffneten Terminals sind wirklich heiss begehrt (lacht). Im Ernst: Wir haben gemeinsam mit unserem Partner Planzer, der auch unser Lager betreibt, den Antrag auf mehr Fläche bei den französischen Behörden gestellt und nach sechs Monaten den Zuschlag erhalten. Zusammen erhielten wir 500 m2 – ein schöner Erfolg.


 

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