Gebrauchsfertig und flexibel
Wie die Luftfracht derzeit nach Kapazitäten ringt, mag manchen Logistikern lange Stressmomente bescheren – umso mehr, wenn sie besonders grosse und schwere Sendungen bewegen müssen. ITJ-Redaktor Andreas Haug erkundigte sich bei einem Charterspezialisten nach dem Befinden.
Herr Hunziker, Sie sind ja schon lange im Geschäft. Auf welche Eigenschaften kommt es jetzt besonders an?
In diesen hektischen Zeiten geht es v.a. darum, einen kühlen Kopf zu wahren und den Spass an der Sache nicht zu verlieren. Ausserdem ist es wichtig, flexibel zu denken und dem Kunden vorab entwickelte Lösungen anbieten zu können. Grundsätzlich denken wir «outside the box» und suchen ständig nach neuen Lösungen, um unsere Kunden mit den besten Services und dem passenden Produkt zu versorgen. Unsere globalen Teams arbeiten eng zusammen und sind rund um die Uhr erreichbar.
Letztes Jahr wurde Chapman Freeborn Teil der Aviation Solutions Group (ASG). Welche Synergien gibt es da?
Wir nutzen Teile der ASG-Flotte für Charterflüge. Dazu tauschen wir uns in sämtlichen Geschäftsbereichen aus, um so viele Synergien wie möglich zu generieren.
Wie hat sich die Krise bisher generell auf das Chartergeschäft ausgewirkt?
Jeder will gleichzeitig ein Flugzeug chartern, ohne unbedingt genau zu wissen, was das bedeutet und wie viel Bemühungen und Risiko damit verbunden sind. Die Nachfrage nach Kapazitäten ist zurzeit sehr hoch, was automatisch den Preis in die Höhe schnellen lässt.
Welche Entwicklung lässt sich entlang der einzelnen Handelsrouten beobachten?
Im Moment boomen alle Strecken. Ab Asien, hauptsächlich China, nach Europa und in die USA gibt es immer noch eine extrem hohe Nachfrage. Aber wir erhalten auch sehr viele Anfragen für Transporte von China nach Afrika und Südamerika. Anfang April war Europa Richtung USA auch sehr gefragt. Nach einer kurzen Entspannung sehen wir hier für Mai wieder ein Anziehen, weil die meisten produzierenden Betriebe in den USA ihre Arbeit wieder aufnehmen dürften.
Was lässt sich über die spezielle Entwicklung einzelner Gütergruppen sagen?
Derzeit ist der Transportbedarf für humanitäre Hilfsgüter natürlich besonders hoch [vgl. gegenüber]. Aber mehr Nachfrage nach «normaler» Fracht ist bereits abzusehen. Auch hier erwarten wir einen Anstieg im Mai.
Welche Kapazitäten verbleiben noch für Projekte mit übergrossen und -schweren Sendungen?
Generell ist es momentan schwer, an freie Frachträume zu kommen. Aber weil wir gute und auf viele Jahre zurückreichende Beziehungen mit den Fluglinien unterhalten, ist es uns auch jetzt immer noch möglich, die passenden Flugzeuge für jeweilige Projektanfragen zu finden.
Welche Lehren kann die Luftfracht, die Logistik überhaupt, ja die Allgemeinheit Ihrer Meinung nach aus dieser Krise ziehen?
Niemand sollte sofort in Panik verfallen. Was die Logistik betrifft, sehe ich Verbesserungsbedarf in der Abstimmung der einzelnen Schnittstellen. Die Luftfracht schliesslich kann gewinnen, wenn die Abläufe am Boden weiter verbessert und optimiert werden.